|
Allgemeines
Was versteht man unter einer
Proteinurie?
Unter Proteinurie versteht man das vermehrte Auftreten von Eiweiß (=Protein) im Harn. In
Zahlen ausgedrückt: wenn man mehr als 150 mg Eiweiß pro Tag im
Harn ausscheidet, nennt man das Proteinurie.
Wie erkennt man Eiweiß im Harn?
Am häufigsten wird dazu eine Teststreifenuntersuchung eingesetzt. Mit ihr
lässt sich auf einfache Weise Eiweiß im Harn nachweisen.
|
Nachweis einer Proteinurie mittels Teststreifen
Man taucht den Teststreifen kurz in den Harn und überprüft nach einer Minute, ob eine
Verfärbung des Proteinfeldes eingetreten ist.
Links zeigt sich das Proteinfeld blaugrün verfärbt. Es wurde Eiweiß gefunden.
Zum Vergleich rechts ein Normalbefund.
|
Welche anderen Nachweismethoden für
Eiweiß im Harn gibt es?
Es gibt sehr viele labormedizinische Methoden, Eiweiß im Harn zu bestimmen. Sie sind
etwas komplizierter als der Teststreifen dafür sagen sie uns, wieviel Eiweiß
im Harn ist (das kann der Teststreifen nur ungefähr sagen) und spezielle Methoden sagen
uns auch, welche Eiweißstoffe im Harn vermehrt sind.
Warum misst man Protein (=Eiweiß) im
Harn?
- Die Untersuchung des Eiweißes im Harn mittels Teststreifen gehört
zu den Routine-Tests bei Reihen- oder Gesundenuntersuchungen (Screening).
- Zur Erkennung von Nierenschäden und zur Verlaufsbeobachtung
bekannter Nierenschäden.
- Nachweis spezieller Eiweißarten zur Unterscheidung
verschiedener Nierenschäden.
- Bei anderen Erkrankungen, von denen man weiß, dass
sie manchmal mit Proteinurie einhergehen (Blutkrebs: Plasmozytom, Lymphdrüsenkrebs: z.B.
Immunozytom).
Einschub:
das Harnsystem und die Ausscheidung von Protein |
|
|
Das Harnsystem
Das Blut fließt durch die Nieren. Harn wird durch die Nierenfilter, die
Glomeruli, abgefiltert. Der größte Teil der Flüssigkeit wird noch in der Niere
zurückgeholt, aber ca. 1.5 Liter fließen pro Tag in den Harnleiter, in die Blase und
werden schließlich über die Harnröhre ausgeschieden.
|
|
Der Glomerulus in größerer Darstellung
Über 1 Million solcher Filtereinheiten finden sich in der äußeren Schicht der
Nieren. Das Blut fließt durch die Kappillarschlingen. Flüssigkeit und kleinere Moleküle
werden dabei abgefiltert und kommen so in den Harn. |
Die meisten Eiweißstoffe gehen nicht
durch den Filter durch. Die kleinsten Eiweiße, die dies doch tun, werden noch in der
Niere aus dem Harn zurückgeholt. Im Harn wird also normalerweise sehr wenig Eiweiß
ausgeschieden. |
Ursachen
einer Proteinurie
Vorweg sei gesagt, dass bei den meisten Menschen mit Proteinurie,
die einmalig nachgewiesen wurde, keinerlei Erkrankung vorliegt. Viele der bei
Reihenuntersuchungen gefundenen Proteinurien stellen also eine relativ harmlose
Besonderheit dar. Eine Gruppe davon sind die gutartigen (benignen) Proteinurien, die weiter unten näher beschrieben sind.
A. Proteinurien bei Erkrankungen der Niere
- eigenständige Nierenerkrankungen wie die
- Glomerulonephritis, eine Entzündung der Nierenfilter
- Schädigung der Niere durch Medikamente
- häufiger sind aber Nierenschäden als Folge anderer
Erkrankungen wie
- bei Zuckerkrankheit oder
- Bluthochdruck
- Lupus erythematodes oder anderen Autoimmunkrankheiten
- Infektionen (HIV, Hepatitis)
- Gicht (bzw. zu hohe Harnsäure im Blut)
- Plasmozytom (spezielle Blutkrebsart)
B. Proteinurien durch übermäßigen
Anfall eines Eiweißstoffes
(Überproduktionsproteinurie u. Überlaufproteinurie)
Die Ursache einer solchen Proteinurie liegt darin, dass bestimmte,
kleinere Eiweißstoffe im Blut in großer Menge auftreten und über die Niere
ausgeschieden werden.
Kleinere Mengen dieser Eiweißstoffe werden normalerweise von der Niere
zurückgeholt, bei großen Mengen ist die Niere aber überfordert.
Ursachen dafür können sein:
- Massive Zerstörung roter Blutkörperchen (Hämolyse) mit
massivem Anfall von rotem Blutfarbstoff (Hämoglobin). Folge:
Hämoglobinurie (Hämoglobin im Harn).
- Massive Zerstörung von Muskelgewebe mit massivem Anfall eines
Eiweißstoffs aus dem Muskel (Myoglobin). Folge: Myoglobinurie (Myoglobin
im Harn).
- Produktion eines abnormen Proteins (sog. freie
Leichtketten) durch Blut- oder Lymphdrüsenkrebs (z.B. Plasmozytom, Immunozytom).
Normalerweise sind freie Leichtketten nur in sehr geringer Menge in Blut oder Harn.
C. Andere Ursachen für Proteinurie
Steine, Infektionen, Verletzungen aber auch Tumoren im Bereich der Niere
oder Harnwege können Blutungen und Eiweißvermehrung im Harn verursachen.
Beispiele wären Entzündungen (z.B. im Bereich des Nierenbeckens oder der Harnblase);
Nierensteine, Harnleitersteine oder Blasensteine; Tumoren im Bereich der Niere, Harnwege
oder Prostata.
|
Andere Ursachen einer Proteinurie
- Steine, Tumoren im Bereich der Niere
- Infektionen, Steine, Tumoren im Bereich des Nierenbeckens (4).
- Harnleiter-Steine, Entzündungen (5).
- Blasensteine, Blaseninfektionen (6)
- Blasen- oder der Prostatatumoren (6)
|
Blutungen müssen allerdings stark sein, damit sie
eine Proteinurie verursachen. Bei einer minimalen Blutung, die man nur mit dem
Teststreifen erkennt, wird das Proteinfeld des Teststreifens nicht positiv werden.
|
Abklärung
der Ursache einer Proteinurie
Wann muss man eine Proteinurie
abklären?
Wenn eine starke Proteinurie vorliegt, wird man gleich mit der Abklärung
beginnen, bei leichteren Proteinurien wird man erst mit einer Abklärung beginnen, wenn
die Proteinurie nicht vorübergeht.
Einfache Hinweise
- Liegt eine gutartige Proteinurie vor?
Erst einmal wird man überlegen, ob nicht eine gutartige Proteinurie vorliegen könnte
(siehe unter isolierte Proteinurien).
- Wie sieht der Harn aus?
Ist er trüb-braun-rötlich verfärbt spricht das für eine Blutung (allerdings
verursachen, wie erwähnt, nur stärkere Blutungen eine merkbare Proteinurie).
Ist er durchsichtig-rötlich verfärbt könnte Hämoglobin die Ursache sein.
Ist er weißlich-trübe könnte das durch Eiter verursacht sein (ein solcher Harn kann
auch schlecht riechen).
- Teststreifen
Weiter helfen können auch die anderen Felder des Teststreifens. Ein verfärbtes
Leukozyten- und Nitrit-Feld könnte für einen Harnwegsinfekt sprechen (z.B eine
Blasenentzündung). Das Erythrozyten/Hämoglobin-Feld wird bei Blutungen aber auch bei
Hämoglobinurie oder Myoglobinurie verfärbt sein.
Analyse des Harns im Labor
- Bestimmung der ausgeschiedenen Eiweißmenge
Das Ausmaß der Proteinurie ist wichtig. Entscheidend ist dabei weniger der Gehalt des
Harns an Eiweiß sondern die Eiweißausscheidung pro Tag. Um dies zu ermitteln, sammelt
man den Harn 24h lang und sendet davon eine Probe ins Labor. Aus der Menge an
ausgeschiedenem Harn und dem Eiweißgehalt der Probe kann man die Protein-Tagesauscheidung
berechnen.
Je mehr Eiweiß man pro Tag ausscheidet, desto unwahrscheinlicher ist eine gutartige
Proteinurie. Scheidet man mehr als 2 g Eiweiß pro Tag aus, ist ein Nierenschaden
sehr wahrscheinlich. Viel seltener können Blutkrebs (Plasmozytom) oder
Lymphdrüsenkrebs zu so hohen Eiweißwerten führen.
- Welche Proteine werden ausgeschieden?
Es gibt mehrere Eiweißstoffe, die eine Proteinurie verursachen können. Mit speziellen
Methoden kann man herausfinden, welche Eiweißstoffe im Harn ausgeschieden werden. Aus dem
Muster der ausgeschiedenen Proteine kann man Rückschlüsse ziehen, welche Erkrankung
vorliegt, und auch, wie schwer eine Nierenerkrankung ist.
Näheres zu den Markerproteinen bei
Proteinurie.
- Untersuchung des Harns im Mikroskop
Man muss den Harn bei Proteinurie auch im Mikroskop untersuchen. Das gelöste Protein
selbst kann man zwar nicht sehen, man kann aber oft Hinweise auf Nierenschädigungen
finden oder auch Hinweise auf andere Erkrankungen wie Harnwegsinfekte (z.B.
Blasenentzündung).
Welche anderen Untersuchungen können bei
der Abklärung einer Proteinurie helfen?
- Verschiedene Laboruntersuchungen
Blut: Neben den Routineuntersuchungen müssen je nach Verdachtsmomenten
verschiedene Spezialtests durchgeführt werden. Einerseits um zu wissen, wie gut die Niere
funktioniert (Kreatininclearance)
andererseits, um die Ursache zu ermitteln: Antinukleäre
Antikörper und andere Autoantikörper, ASLO, Komplement (C3, C4), Albumin, Infektionstests (HIV, Hepatitis,
Syphilis), Cholesterin.
Harn: Untersuchung des Harns auf Blut im Harn
und Untersuchung des Harns im Mikroskop (Suche nach dysmorphen roten Blutkörperchen,
weißen Blutkörperchen, Bakterien, Pilzen und Harnzylindern). Harn-Elektrophorese und
Bestimmung der von speziellen Markerproteinen.
- Blutdruckmessungen
- Ultraschalluntersuchungen
Vor allem der Nieren, aber auch Harnleiter, Blase, Prostata.
- Nierenbiopsie (Gewebsentnahme aus der Niere)
In manchen Fällen kann zur Diagnosestellung eine Nierenbiopsie notwendig werden.
Diese kann durch die Haut durchgeführt werden. Meist wird eine Biopsie nur bei
andauernder, stärkerer Proteinurie (über 2 g/Tag) notwendig oder wenn andere
Befunde für eine gestörte Nierenfunktion oder eine Nierenschädigung sprechen.
- Spezielle Untersuchungen des Harntraktes falls
erforderlich
Urographie (Darstellung des Harntraktes, d.h. Niere, Harnleiter, Harnblase
im Röntgen), Computertomographie, Kernspinresonanzuntersuchungen, Harnblasenspiegelung
(Zystoskopie).
- Andere Untersuchungen
Untersuchung des Gehörs und der Augen (eine erbliche Nierenerkrankung - das Alport-Syndrom - geht mit Schwerhörigkeit und Augenerkrankungen
einher)
|
|
|
|
|
Isolierte
Proteinurien
(modifiziert nach Harrison's Principles of Internal
Medicine, 2002)Isoliert heißt: abgesehen von
der Proteinurie ist der Harn in Ordnung und auch die Nieren und die Harnwege sind ohne
Auffälligkeiten. Meist ist die Tagesausscheidung von Protein unter 2 g/l.
Isolierte Proteinurien sind sehr häufig, nach manchen Studien kommen sie bei jedem 10.
vor.
Man unterscheidet 2 Formen:
- Proteinurien, die nur zeitweise bestehen. Diese entwickeln sich fast
nie zu einer Nierenerkrankung. Man nennt sie daher gutartige (=benigne) isolierte
Proteinurien. Sie sind häufig.
- Proteinurien, die dauernd bestehen. Man nennt sie daher persistierende
isolierte Proteinurien. Diese haben eine etwas schlechtere Prognose. Sie sind
seltener.
Gutartige (=benigne) isolierte
Proteinurien
(80% aller isolierten Proteinurien)
Da gibt es verschiedene Formen. Allen gemeinsam ist,
dass sie nicht andauernd bestehen und dass sich fast nie eine Nierenerkrankung daraus
entwickelt.
- Idiopathische transiente Proteinurie
Idiopathisch heißt praktisch "man weiß nicht warum", transient heißt
vorübergehend. Kommt meist bei jüngeren Erwachsenen, bei denen sich einmalig Protein im
Harn findet (meist mit dem Teststreifen entdeckt), weiteren Untersuchungen sind aber
negativ.
- Funktionelle Proteinurie
Auch eine vorübergehende Proteinurie. Aber man kennt die Ursache. Entsteht wegen Fiebers,
Unterkühlung, körperlicher oder seelischer Belastung, Herzschwäche. Prinzipiell kann
man bei vielen Erkrankungen oder Operationen kurzfristig Eiweiß im Harn finden.
- Intermittierende Proteinurie
Nicht wirklich vorübergehend sondern immer wieder auftretende Proteinurie. Etwa bei jeder
2. Harnprobe findet sich Eiweiß im Harn.
- Orthostatische Proteinurie
Proteinurie bei aufrechter Körperhaltung. Häufige Erscheinung. Kommt vorwiegend bei
Jugendlichen und jungen Erwachsenen vor. Proteinurie tritt nur nach längerem Stehen oder
Sitzen auf. Testet man in der Früh nach einer längeren Liegephase, findet man kein
Eiweiß im Harn. Bei den meisten vergeht dieses Phänomen rasch, etwa 20% zeigen es
langfristig. Aber auch bei diesen verschwindet es nach 10 bis 20 Jahren.
Persistierende (=andauernde)
isolierte Proteinurien
(20% aller isolierten Proteinurien)
Im Unterschied zur gutartigen isolierten Proteinurie
besteht hier die Proteinurie andauernd. Und sie entsteht auch im Liegen. Ursache sind
meist leichte entzündliche Veränderungen der Glomeruli der Niere. Die Aussichten bei
dieser Veränderung sind schlechter als bei der gutartigen isolierten Proteinurie. Aber
dennoch kommt es nur bei ca. 30 % aller persistierenden isolierten Proteinurien
einmal zu einem Nierenversagen.
Bei der Diagnose der isolierten persistierenden Proteinurie
muss man bei älteren Personen eine Ausscheidung von Leichtketten auf Grund einer
bösartigen Erkrankung (Plasmozytom, Immunozytom) durch Bestimmung der Leichtketten oder
durch eine Harn-Elektrophorese ausschließen. |
|
|
|