Wozu eine Eiweiß-Elektrophorese?
In unserer Blutflüssigkeit (dem Serum) sind in einem Liter etwa 60 Gramm Eiweiß
(Protein). Dieses "Gesamt"-Eiweiß besteht aber aus sehr vielen verschiedenen
Eiweißstoffen. Zur Erkennung bestimmter Krankheiten ist es wichtig zu wissen, welcher
Eiweißstoff vermehrt oder vermindert ist. Dazu braucht man Methoden, die nicht das
Gesamteiweiß sondern die einzelnen Eiweißstoffe bestimmen, oder das Gesamteiweiß
zumindest in einzelne Gruppen auftrennen. Eine der ältesten Methoden hierzu ist die
Eiweiß-Elektrophorese.
Prinzip der Eiweiß-Elektrophorese
Man bringt auf eine Flüssigkeits-getränkte Papier-ähnliche Folie eine kleine Menge
Blutflüssigkeit auf. Dann wird an das Papier eine Spannung angelegt. Die Eiweißstoffe
wandern daraufhin zu einem Pol. Aber die verschiedenen Eiweißstoffe wandern nicht gleich
schnell. Nach einer bestimmten Zeit hört man auf und hat auf dem Papier eine Auftrennung
der Eiweiße des Blutes nach ihrer Wanderungsgeschwindigkeit. Man färbt die Eiweiße auf
dem Papier.
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Abbildung einer gefärbten Eiweiß-Elektrophorese
Die Auftragsstelle des Serums war auf dem rechten Rand. Die Eiweiße wandern zum + Pol.
Albumin wandert am schnellsten, die gamma-Globuline fast gar nicht.
Man erkennt die 5 Banden, wobei die gamma-Globulin Bande sehr breit ist. |
Welche Untergruppen werden
unterschieden?
Wie in der Abbildung erkennbar und beschrieben, findet man meist 5 Bereiche bandförmiger
Anfärbung. Die im Normalfall deutlichste Anfärbung besteht praktisch nur aus dem Albumin
des Blutes, sie entspricht daher dem Albumin. Die anderen Banden bestehen aus
verschiedenen Globulin-Proteinen. Man hat die Banden nach dem griechischen Alphabet alpha-1-,
alpha-2-, beta- und gamma-Globuline genannt.
Wie kommt man zu Ergebnissen?
Wenn man bei ein wenig Erfahrung den gefärbten Streifen ansieht, kann man die wichtigsten
Dinge bereits erkennen. Um das aber alles in Zahlen auszudrücken, wird der gefärbte
Streifen auf einen Scanner gelegt. Dann lässt man daraus von einem entsprechenden
Computerprogramm eine Kurve machen und die Flächen unter der Kurve berechnen. Die
Flächen unter der Kurve entsprechen den Konzentrationen der Eiweißuntergruppen.
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Elektrophoresekurve
Mit einem Scanner kommt die Elektrophorese in den Computer. Dieser zeichnet die Kurve und
berechnet die Flächen der einzelnen Eiweißgruppen.
Anmerkung: Ausgegeben wird nur die Kurve und die Ergebnisse in Zahlen, die
gefärbte Auftrennung unter der Kurve dient nur zur Demonstration. |
Ergebnis relativ und absolut
Das Ergebnis gibt man zuerst einmal "relativ", d.h. in % an. Albumin 60% heißt
also, dass 60% der Eiweiße der Blutflüssigkeit Albumin sind. Da auch die
Absolutkonzentration des Eiweiß interessant ist, gibt man das Ergebnis auch
"absolut" an. Um bei dem Beispiel zu bleiben: ist das Gesamt-Eiweiß bei dem
Patienten 70 g/l, dann ist der Albumin Absolutwert 42 g/l (denn 60% von 70
ergibt 42).
Wann wird eine Eiweiß-Elektrophorese
durchgeführt?
Eine Eiweißelektrophorese wird meist routinemäßig durchgeführt, als eine Art
Suchmethode (=Screeningmethode) bei Aufnahme im Spital oder bei einer Durchuntersuchung.
Auch bei Verdacht auf bestimmte Arten von Krebs der weißen Blutkörperchen
(Plasmozytom/Multiples Myelom, Immunozytom und andere Lymphome) oder zur Abklärung eines
erhöhten oder erniedrigten Gesamteiweißwertes kann die Elektrophorese helfen. Bei vielen
anderen Erkrankungen, bei denen man früher eine Elektrophorese durchgeführt hat, gibt es
inzwischen geeignetere Laboruntersuchungen.
Worin liegt heute noch die größte
Bedeutung der Eiweiß-Elektrophorese?
Am wichtigsten ist die Erkennung einer abnormen Produktion von Eiweißstoffen. Mann nennt
diese Eiweißstoffe Paraproteine. Ihr Vorkommen wird monoklonale Gammopathie oder
auch M-Gradient genannt. Sie fallen als schmale, abnorme Zacken in der
Elektrophorese-Kurve auf. Diese Paraproteine können Zeichen eines Blutkrebses sein (z.B.
Plasmozytom bzw. Multiples Myelom oder Immunozytom). Müssen aber nicht. Viele vorwiegend
ältere Personen haben solche Paraproteine ohne einen Blutkrebs zu haben und ohne dass sie
in nächster Zeit eine solchen entwickeln werden. Eine neuere Studie sagt, dass nur jeder
Hundertste, der ein solches Paraprotein hat, innerhalb eines Jahres einen Blutkrebs
entwickelt. Das ist die Statistik. Im Einzelfall, in dem ein Paraprotein gefunden wird,
kann man nicht sagen, ob der Patient je einen Blutkrebs bekommen wird, und schon gar
nicht, wann. Diesen Befund nennt man daher auch monoklonale Gammopathie mit
undeterminierter Signifikanz (MGUS), was soviel heißt wie: was es für den
Patienten bedeutet, lässt sich noch nicht abschätzen.
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Beispiel einer Paraproteinämie
(monoklonale Gammopathie)
In dieser Elektrophorese findet man eine abnorme Zacke (rot) im Bereich der
gamma-Globuline (lila). Obwohl man das nicht eindeutig sagen kann, lässt die Höhe der
Zacke (sie ist ja genau so hoch wie das Albumin) vermuten, dass dies kein MGUS mehr ist,
sondern dass wirklich ein Blutkrebs dahinter steckt. |
Was macht man, wenn man so etwas entdeckt? Man muss den Patienten dann durchuntersuchen
und, wenn man dabei nichts findet, in bestimmten Abständen die Elektrophorese
wiederholen. Steigt das Paraprotein nicht an, ist das ein gutes Zeichen.
Wer produziert die Eiweißstoffe des
Blutes?
Die in der Elektrophorese auffälligen Eiweißuntergruppen werden bis auf die
gamma-Globuline alle von der Leber hergestellt. Die gamma-Globuline bestehen vorwiegend
aus unseren Abwehr-Antikörpern. Diese kommen aus den sog. Plasmazellen. Plasmazellen
findet man in den Lymphknoten und im Knochenmark.
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