Was sind Antinukleäre Antikörper?
Aus letztlich noch ungeklärten Gründen produzieren unsere Abwehrzellen manchmal
Antikörper, die sich gegen uns selbst richten. Man nennt solche Antikörper Autoantikörper
(griechisch autos: selbst). Manche Autoantikörper richten sich gegen bestimmte Organe
(z.B. die Schilddrüse), andere wiederum richten sich gegen bestimmte Zellbestandteile,
also prinzipiell gegen alle Zellen und alle Organe. Zu den letzteren gehören auch die
Antinukleären Antikörper (ANA). Sie richten sich gegen den Zellkern, der in den meisten
Zellen des Körpers vorhanden ist. Wann treten ANA auf?
In der Blutflüssigkeit findet man ANA bei bestimmten Erkrankungen, besonders bei sog.
Autoimmunerkrankungen, bei denen sich die Abwehr des Körpers gegen die eigenen Zellen
richtet. ANA können aber, besonders bei älteren Personen, auch ohne nachweisbare
Erkrankung, also auch beim Gesunden auftreten. Die Bedeutung eines positiven ANA-Befundes
muss daher im Zusammenhang mit den Beschwerden und den übrigen Befunden des Patienten
beurteilt werden.
Wann werden ANA bestimmt?
Wenn Verdacht auf eine Autoimmunerkrankung besteht,
fallweise auch im Rahmen einer Gesundenuntersuchung.
Der ANA-Befund hilft einerseits zu erkennen, dass eine Autoimmunerkrankung vorliegt und
andererseits gibt er auch Hinweise, welche Autoimmunerkrankung vorliegt.
Es gibt viele verschiedene ANA!
ANA ist nur der Überbegriff! Der Zellkern hat eine Vielzahl von Bestandteilen. Gegen
viele davon kann man Antikörper bilden. Alle kann man ANA nennen. Zu den wichtigsten
gehören die dsDNA-Antikörper, die sich gegen die doppelsträngige DNA richten, also
gegen die DNA, wie sie in den Zellen meist vorkommt. (Die DNA, deoxyribonucleic acid,
deutsch DNS = Desoxyribonukleinsäure, beinhaltet die Erbinformation einer Zelle).
Zusätzliche Verwirrung stiftet, dass auch bestimmte nicht gegen den Kern
gerichtete Antikörper von manchen zu den ANA gezählt werden.
Welche anderen ANA kennt man?
Nur namentlich erwähnt seien: Histonantikörper, Sm-Antikörper, RNP-Antikörper,
SS-A-(Ro)-Antikörper, SS-B-(La)-Antikörper, Scl-70 Antikörper, PM-Scl-Antikörper, Jo-1
Antikörper, CENP-Antikörper, Sp-100-Antikörper, PCNA-Antikörper, MSA-1-Antikörper,
p80-Coilin, Nukleolär (Anti-Fibrillarin), ssDNA, Kernmembranantikörper.
Was sind ENA?
ENA heißt "extrahierbare nukleäre
Antigene", also Kernbestandteile die man aus Zellen gewinnen kann. Der Begriff wird
für bestimmte ANA-Antigene verwendet, aber leider nicht einheitlich. Manche plädieren
daher dafür, den Ausdruck ENA zu vermeiden.
Wie kann man ANA nachweisen?
Indirekte Immunfluoreszenz: Dies ist die klassische Methode. Vereinfacht
gesagt, bringt man dabei die Blutflüssigkeit des Patienten mit menschlichen Testzellen
zusammen. Hat der Patient einen ANA, dann wird sich dieser auf die Zellkerne der
Testzellen setzen. Dann markiert man diesen Antikörper des Patienten mit einem
grünfluoreszierenden Antikörper.
Hat der Patient einen ANA in der Blutflüssigkeit werden die Zellkerne im
Fluoreszenzmikroskop grün aufleuchten. Nach dem Muster, das man im Mikroskop sieht, kann
man auf die Art des ANA schließen. Für eine Beurteilung der Bilder ist aber große
Erfahrung notwendig.
|
Beispiel Indirekte Immunfluoreszenz
Zellkerne zweier Patienten mit unterschiedlichen ANA. Der Zellkern links ist
gleichmäßig, der rechts ungleichmäßig gefärbt. |
Immuntests (besonders Elisa-Verfahren): Dabei wird das Serum des
Patienten nicht mit Zellen zusammengebracht sondern nur mit Zellkernbestandteilen, die man
aus Zellkernen gewonnen hat. Durch weitere Reaktionsschritte entsteht durch den ANA
letztlich eine Verfärbung, die man im Photometer messen kann. Diese Tests sind gut
automatisierbar und einfacher beurteilbar, können aber im Gegensatz zur Indirekten
Immunfluoreszenz die Vielfalt der möglichen Antikörper nicht erfassen.
|
Beispiel Elisa
Auf dieser sog. Mikrotiterplatte sind 96 kleine Näpfchen. In diesen sind
Zellkernbestandteile angebracht. Man gibt Blutflüssigkeit dazu. Nach dem Waschen bleiben
ANA hängen, falls vorhanden. Mit einer Färbereaktion macht man diese sichtbar und im
Photometer messbar. |
Immunoblots (=Western-Blots): Dabei werden die aus Zellen gewonnenen
Kernbestandteile zuerst auf einem Gel mit Hilfe einer angelegten Spannung aufgetrennt
(Elektrophorese) und auf eine stabile Folie übertragen ("geblottet"; engl.
blotting: beflecken, beklecksen). Dann gibt man die Blutflüssigkeit des Patienten dazu
und erhält nach einem Markierungsschritt die Abschnitte (Banden), an denen sich der
Antikörper des Patienten an die aufgetrennten Kernbestandteile gebunden hat. Da man
weiß, wo nach der Auftrennung welche Kernbestandteile liegen, kann man auf die Art des
ANA schließen.
Der Name Western-Blot hat übrigens nichts mit der Himmelsrichtung zu tun. Das
Verfahren des Western-Blots ähnelt einem anderen Analyseverfahren, das ein
Molekulargenetiker namens Southern erfunden hat, dem Southern-Blot. Dieser Ähnlichkeit
eher spielerisch Rechnung tragend hat man die Methode Western-Blot genannt. Der
Name hat sich aber gehalten.
|
Western-Blot
Bei der Auftrennung der Kernbestandteile wandern verschiedene Bestandteile
verschieden weit. Gibt man Blutflüssigkeit dazu, die bestimmte Typen von ANA enthält,
werden sich die ANA an bestimmten Stellen anlagern (violette Banden). Nach der Lage der
Bande kann man auf die Art des ANA schließen, weil man weiß, wo diese liegen sollten. |
|