Blut im Harn
Rote Blutkörperchen sind normalerweise nur in äußerst geringer Zahl im Harn
anzutreffen. Findet man bei der Untersuchung des Harns mittels Teststreifen oder im
Mikroskop zu viele rote Blutkörperchen, so ist das ein wichtiger Befund, dem man
nachgehen muss.
Dabei ist erst einmal sehr wichtig zu wissen, woher die roten Blutkörperchen gekommen
sind. Aus der Niere oder von weiter unten, aus dem Harnleiter (Verbindung von Niere zur
Harnblase), der Harnblase oder der Harnröhre (Leitung von der Harnblase nach
"außen").
Allgemeine und ausführlichere Information über Blut im Harn finden sie im entsprechenden
Abschnitt.
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Das Harnsystem
Das Blut fließt durch die Nieren. Harn wird durch die Nierenfilter, die Glomeruli,
abgefiltert. Der größte Teil der Flüssigkeit wird noch in der Niere zurückgeholt, aber
ca. 1.5 Liter fließen pro Tag über die Harnleiter in die Blase und werden über die
Harnröhre ausgeschieden. |
Wie erkennt man, woher die roten Blutkörperchen im Harn kommen?
Eine Möglichkeit, um dies herauszufinden, ist die genaue Begutachtung des Harns im
Mikroskop:
Kommt ein rotes Blutkörperchen aus dem Harnleiter, der Blase oder der Harnröhre, dann
wird es noch halbwegs normal aussehen.
Kommt aber ein rotes Blutkörperchen aus der Niere, genauer gesagt aus den Blutfiltern der
Niere (den sog. Glomeruli), dann hat es einiges mitgemacht. Es weist dann ganz besondere
Veränderungen seines Aussehens auf. Für diese Veränderungen hat sich der Ausdruck
"dysmorph" durchgesetzt. Und mit dysmorphen Erythrozyten im Harn meint man nur
diese roten Blutkörperchen, die diese Veränderungen zeigen. (Zu viele) Dysmorphe
rote Blutkörperchen sind also ein Zeichen für eine Nierenschädigung. Und zwar
für eine Schädigung der Glomeruli, meist eine Glomerulonephritis. Das ist eine
Entzündung der Glomeruli die nach Infektionen oder bei Autoimmunerkrankungen vorkommt.
Nicht dysmorphe
("normale") Erythrozyten im Harn |
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A und B zeigen die typische, normale Form der eingedellten
Scheibe, C ist leicht stachelig verändert, was aber nicht zu den Dysmorphien zählt. D
ist ein sog. Erythrozyten-Geist, eine leere Hülle ohne Inhalt. Auch diese Form ist kein
Hinweis auf eine Nierenerkrankung, die die Glomeruli betrifft. |
Dysmorphe Erythrozyten im Harn |
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A zeigt eine Ringform mit 2 Einschnürungen, bei B sind es
schon sehr viele Einschnürungen. Bei C ragen Zapfen in die Mitte hinein. D zeigt blasige
Ausstülpungen. Unter den dysmorphen Formen nennt man D-artige Formen
"Akanthozyten". Sie sollen besonders typisch für eine Schädigung der
Nierenglomeruli sein. |
In der Praxis ist es nicht ganz so einfach
Erstens braucht man für die sichere Erkennung der dysmorphen Erythrozyten im Mikroskop
viel Erfahrung. Zweitens darf man nur dann von einem Nierenschaden ausgehen, wenn ein
hoher Anteil der roten Blutkörperchen im Harn dysmorph ist. Sieht man viele normale und
nur wenige dysmorphe, spricht es eher für eine Blutungsquelle nach der Niere (Harnleiter,
Harnblase, Harnröhre). Erst wenn 70-80 von 100 Blutkörperchen dysmorph sind, sollte man
den Befund "glomeruläre Hämaturie" (=Blut im Harn wegen Erkrankung der
Glomeruli der Niere) ausgeben. |