C3,
C4, CH50 - Übersicht
Univ.Prof.Dr.med.
Wolfgang Hübl |
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C3 und C4 sind 2 Eiweißstoffe des Komplementsystems (Englisch
"Complement"). |
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Das Komplementsystem besteht aus ca. 20 Eiweißstoffen (den sog.
Komplementfaktoren) in der Blutflüssigkeit, die dazu da sind, Bakterien, Viren oder
andere Erreger zu beseitigen. Dabei wird ein Komplementfaktor nach dem anderen aktiviert,
die entstehenden Eiweißstoffe haben dann verschiedene Wirkungen:
- Zerstörung der Erreger
Aus bestimmten Komplementfaktoren kann ein Komplex gebildet werden, der sogenannte
Membranen-Angriffs-Komplex, der Krankheitserreger zerstören kann, indem er deren
Oberflächen durchbohrt.
- "Würzen" der Erreger (Opsonierung)
Andere Faktoren des Komplementsystems können sich an die Oberfläche von
Krankheitserregern setzen, wodurch diese gewissermaßen "gewürzt" sind und von
Fresszellen beseitigt werden können. Diese Würzung (=Opsonierung) ist ein wichtiger
Vorgang, denn die Fresszellen müssen ja wissen, welche Zellen sie fressen sollen. Sonst
würden sie sich ja auch auf die eigenen Zellen stürzen.
- Anlocken von weißen Blutkörperchen (Chemotaxis)
Ein dritter Weg, auf dem das Komplementsystem die Abwehr unterstützt, ist das
Anlocken von Abwehrzellen an den Infektionsort. Wir haben ja eine Menge Abwehrzellen im
Blut. Am Ort der Entzündung werden aber besonders viele gebraucht. Damit sie gerade
dorthin kommen werden sie von sog. chemotaktischen Stoffen angelockt. Dazu gehören auch
Faktoren des Komplementsystems.
Neben der Aktivierung bei der Infektabwehr, ist das Komplementsystem
aber auch bei Autoimmunerkrankungen, wenn sich unser Abwehrsystem versehentlich gegen uns
selbst richtet, aktiviert. Bei der Beurteilung und Beobachtung der Aktivität, manchmal
auch bei der Diagnose verschiedener Autoimmunerkrankungen hat die Bestimmung von C3, C4
und CH50 ihre größte Bedeutung. |
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Hinweis: aus isolierten,
leichten Erhöhungen oder Erniedrigungen von Laborwerten kann man in den allermeisten
Fällen keine Schlussfolgerungen auf irgendeine Erkrankung ziehen. Liegen also nur leichte
Veränderungen vor, muss keineswegs irgendeine der nachfolgend genannten Erkrankungen oder
Veränderungen vorliegen! |
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Erhöhungen der Komplementfaktoren haben keine
besondere diagnostische Bedeutung. Viele Komplementfaktoren, auch C3 und C4, sind
Akutphasenproteine, d.h. sie steigen bei Entzündungszuständen an. Aber dafür gibt es
verlässlichere Parameter (z.B. das CRP). |
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Allgemein: Ursachen einer
Verminderung sind entweder der Verbrauch von Komplementfaktoren (Infektion,
Autoimmunerkrankung), die zu geringe Bildung (z.B. schwere Leberschäden) oder
Eiweißverluste (z.B. über die Nieren im Harn). Manche erblichen Defekte können
auch zu Verminderungen der Komplementfaktoren führen. |
Infektionen |
- Bakterielle Sepsis (Blutvergiftung nach Infektion)
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- Virale Infektionen (Leberentzündung, HIV)
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Autoimmunprozesse |
- Rheumatoide Arthritis ("Rheuma")
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- Aktiver Lupus Erythematodes
Autoimmunkrankheit mit typischerweise symetrischen Rötungen im Gesicht,
Gelenksbeschwerden, Schäden verschiedener Organe (u.a. Niere, Herz) möglich.
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- Vaskulitis (Gefäßentzündungen), Periarteriitis nodosa (Entzündung
größerer Gefäße)
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- Glomerulonephritis (Nierenentzündung); bes. sog.
membranoproliferative und poststreptokokken Form
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- Pemphigus vulgaris, Bullöses Pemphigoid (blasenbildende, durch
Autoantikörper verursachte Hauterkrankungen)
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- Immunhämolytische Anämien (Blutarmut, bei der die roten
Blutkörperchen durch Antikörper und teilweise durch Komplementwirkung zerstört werden)
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- Kryoglobulinämie (Auftreten von in der Kälte ausfallenden
Eiweißstoffen im Blut; führt zur Kälteempfindlichkeit der etwas kühleren
Körperspitzen, z.B. Finger. Meist Begleiterkrankung von Autoimmun-, Tumor-, oder
Infektionserkrankungen, bes. Hepatitis C)
Achtung: Kryoglobuline können auch im Röhrchen nach der Blutabnahme entstehen und
Komplement binden. Dies führt zu falsch niedrigen Komplementwerten.
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Eiweißmangel |
- Proteinmangelernährung (zuwenig Eiweiß in der Nahrung)
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- Nephrotisches Syndrom (Nierenerkrankung mit hohen Eiweißverlusten im
Harn)
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Sonstiges |
- Akute Entzündungen der Bauchspeicheldrüse
(aus der Bauchspeicheldrüse freiwerdende Enzyme können Komplement aktivieren)
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- Ausgedehnte Verbrennungen
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- Angeborene Komplementfaktormängel (selten), ev. kombiniert mit
IgA-Mangel
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- Hereditäres Angioödem (angeborener Mangel oder Funktionsschwäche
des C1-Inhibitors mit Gesichts- und Schleimhautschwellungen)
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