Grafik

 

ASGPR-Antikörper (Asialoglykoprotein Rezeptor Antikörper) - Übersicht
Univ.Prof.Dr.med. Wolfgang Hübl
    
IN ZWEI SÄTZEN:
ASGPR-Antikörper sind Autoantikörper, nach denen man meist im Rahmen der Abklärung einer Lebererkrankung im Blut sucht. Sie sind ein Hinweis auf das Vorliegen einer bestimmten Form der Leberentzündung (der sog. autoimmunen Hepatitis).
   
NAME:
Glykoproteine sind Proteine, die auch einen Kohlenhydratanteil haben. Asialoglykoproteine sind solche, bei denen man durch Behandlung mit Neuraminidase (=Sialidase) Sialinsäuregruppen abgetrennt hat.
   
KURZINFO:
Was sind ASGPR-Antikörper?
ASGPR-Antikörper sind Autoantikörper, die sich gegen bestimmte Strukturen der Oberfläche der Leberzellen richten. Und zwar gegen die Struktur, die eine Andockstation (Rezeptor) für Asialoglykoprotein ist.
Eine umfassende Erklärung würde hier zu weit führen, diese Information soll nur den Namen der Autoantikörper erklären.

Was sind Autoantikörper?
Normale Antikörper sind dazu da, um Viren, Bakterien oder andere Infektionserreger beseitigen zu helfen. Aus letztlich noch ungeklärten Gründen produzieren unsere Abwehrzellen aber manchmal Antikörper, die sich gegen uns selbst richten. Man nennt solche Antikörper Autoantikörper (griechisch autos: selbst). Krankheiten, bei denen sich das Immunsystem gegen den eigenen Körper richtet, nennt man Autoimmunkrankheiten.
Man findet Autoantikörper im Blut bei verschiedensten Autoimmunkrankheiten ("Rheuma", Systemischer Lupus Erythematodes, Schilddrüsenentzündungen...). Manche Autoantikörper sind die Ursache der Erkrankung, bei der man sie findet, manche sind nur Begleiterscheinung. Bei vielen, so auch bei den ASGPR-Antikörpern, weiß man es nicht sicher.

 

Wann werden ASGPR-Antikörper bestimmt?
Wenn Verdacht auf eine autoimmune Hepatitis oder eine Autoimmunerkrankung mit Leberbeteiligung besteht.
Ergeben eine Routineuntersuchung oder Beschwerden des Patienten den Verdacht auf eine chronische (=langandauernde) Lebererkrankung, wird man zuerst nach einer infektiösen Hepatitis (vor allem Typ B und C) und anderen häufigen Lebererkrankungen fahnden. Ergeben sich darauf keine Hinweise, wird man verschiedene Autoantikörper, darunter auch die gegen ASGPR bestimmen.

 
Man bestimmt normalerweise nicht nur ASGPR-Antikörper

ASGPR-Antikörper werden vorwiegend im Rahmen der Abklärung einer Leberschädigung gemessen. Dabei sucht man nach Virus-Infektionen der Leber, nach Medikamenteneinnahme und nach bestimmten Erbkrankheiten. Weiters werden verschiedene Autoantikörper wie SMAANA, SLA-LP, LKM, AMA und ev. ANCA, ASGPR sowie LC1 im Blut bestimmt*.
Bei Verdacht auf autoimmune Hepatitis wird im Blut des Patienten nach den Autoantikörpern gesucht, die bei der autoimmunen Hepatitis und ähnlichen Erkrankungen häufig vorkommen. Das hilft bei der Diagnose. Außerdem kann man die autoimmune Hepatitis mit Unterstützung der Antikörperbefunde in drei Typen einteilen (I, II und III).

* Abkürzungen der Autoantikörper

   

ANA

- Antinukleäre Antikörper
SMA - Smooth muscle antibodies / Antikörper gegen die glatte Muskulatur
SLA - Soluble liver antigen antibodies / Antikörper gegen lösliches Leberantigen
(ident mit LP)
LKM - Liver kidney microsomal antibodies - Antikörper gegen Leber- und Nierenmikrosomen
ASGPR - Antikörper gegen Asialoglykoprotein Rezeptor
ANCA - Anti neutrophil cytoplasmic antibodies / Anti neutrophile zytoplasmatische Antikörper
AMA - Antimitochondriale Antikörper
LP - Liver-Pancreas Antigen Antibodies - Antikörper gegen Leber-Bauchspeicheldrüsen Antigen
(ident mit SLA)
LC1 - Liver cytosolic protein antibodies - Leber Zytosolprotein-Antikörper

 

Was sagt ein ASGPR Wert aus?
Im Rahmen der Abklärung einer Lebererkrankung hilft die Bestimmung verschiedener Autoantikörper (zu denen auch ASGPR-Antikörper gehören), die richtige Diagnose zu stellen:

  • ASGPR negativ
    Findet man keine ASGPR-Antikörper, ist der ASGPR Befund also negativ, dann macht dies eine autoimmune Hepaitits etwas unwahrscheinlicher, weil man bei ca. 75 % aller Fälle von autoimmuner Hepatitis ASGPR-Antikörper nachweisen kann. Man muss aber natürlich auch die Resultate der anderen Autoantikörper einbeziehen.
  • ASGPR positiv
    Findet man ASGPR-Antikörper im Blut des Patienten, dann ist, wenn andere Lebererkrankungen ausgeschlossen wurden, eine autoimmune Hepatitis wahrscheinlich.
    ASGPR-Antikörper treten aber auch bei Virus-verursachter Hepatitis, bei alkoholischer Hepatitis und bei primär biliärer Zirrhose auf.

 
Einschub: die autoimmune Hepatitis
 

Was ist die autoimmune Hepatitis (Leberentzündung)?
Eine autoimmune Hepatitis ist eine seltene, häufiger bei Frauen auftretende Erkrankung, die durch unser eigenes, fehlgesteuertes Immunsystem entsteht, das die Leber angreift.
Frühere Bezeichnung
: autoimmune, chronisch aktive Hepatitis.

Was verursacht eine autoimmune Hepatitis?
Das ist nicht klar. Es dürfte ein Zusammenspiel von erblicher Anfälligkeit und äußeren Einflüssen sein (Infekte, Wirkung von Giftstoffen oder Medikamenten).

Welche Zeichen hat die autoimmune Hepatitis?
Je nach Schwere reichen die Beschwerden von Appetitlosigkeit, Müdigkeit, Krankheitsgefühl bis zu schweren Zeichen der Leberentzündung mit Gelbsucht, schwerer Übelkeit, Bewusstseinseinschränkung bis zum Koma. Unbehandelt kann die Erkrankung fallweise rasch zum Tod führen.

Wie diagnostiziert (erkennt) man eine autoimmune Hepatitis?
Wenn die normalen Laboruntersuchungen den Leberschaden anzeigen und der Verdacht auf eine autoimmune Hepatitis besteht (Leberenzyme erhöht, Gamma-Globuline erhöht), wird man zuerst eine infektiöse Hepatitis (Virushepatitis) ausschließen. Auch eine Medikamenten-verursachte Leberschädigung und Erbkrankheiten wie die Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit) und die Kupferspeicherkrankheit müssen ausgeschlossen werden (Ferritin- und Coeruloplasminbestimmung; Kupfer im Harn). Weiters sucht man nach bestimmten Autoantikörpern im Blut (ANA, SMA, LKM, ANCA, AMA, LC1, SLA-LP, ASGPR). Je nachdem, ob und welche man findet, wird eine autoimmune Hepatitis wahrscheinlich oder sehr unwahrscheinlich. Spezielle Untersuchungen (Röntgenuntersuchung des Gallangangsystems und eine Leberprobenentnahme) können zur Absicherung der Diagnose notwendig sein.
Große Bedeutung für die Diagnose einer autoimmunen Hepatitis hat also einerseits der Nachweis der Autoantikörper und andererseits der Ausschluss anderer Erkrankungen.

Zur Differentialdiagnose der autoimmunen Hepatitis Diagnoseschema autoimmune Hepatitis
Flussdiagramm zur Diagnose
Zur Punktebewertung der autoimmunen Hepatitis Diagnose durch Punktewertung
Eine Punktewertung hilft, die Diagnose abzusichern

Welche Typen von autoimmuner Hepatitis unterscheidet man?
Man hat die autoimmune Hepatitis nach den auftretenden Autoantikörpern eingeteilt. Eine gebräuchliche Einteilung ist folgende:

  • Typ I (häufigste Form): ANA und/oder SMA positiv.
    Vorkommen vorwiegend bei jungen (jünger als 30 Jahre) und wieder bei älteren (größer 50 Jahre) Frauen. Oft noch andere Autoimmunerkrankungen dabei.
  • Typ II: LKM und/oder LC1 positiv; ANA und SMA negativ.
    Meist junge Mädchen/Frauen (Gipfel unter 10 Jahren).
    Oft noch andere Autoimmunerkrankungen dabei. Zeigt eher einen ungünstigeren Verlauf
  • Typ III: SLA-LP positiv (SMA und AMA können auch positiv sein).
    Meist Frauen, Durchschnittsalter etwa 37a
    .
    Anmerkung: ob, es gerechtfertigt ist, Typ I und III voneinander  zu unterscheiden, ist noch nicht endgültig geklärt.

Wie kann man die autoimmune Hepatitis behandeln?
Mit Medikamenten, die das Immunsystem hemmen (z.B. "Kortison"-Medikamente), werden sehr gute Ergebnisse erzielt (10 Jahres Überlebensraten von 90 % und mehr).

 

   
REFERENZ-
BEREICH:
Qualitativ NEGATIV, d.h. man findet normalerweise keine ASGPR-Antikörper
   
 
Hinweis: aus isolierten, leichten Erhöhungen oder Erniedrigungen von Laborwerten kann man in den allermeisten Fällen keine Schlussfolgerungen auf irgendeine Erkrankung ziehen. Liegen also nur leichte Veränderungen vor, muss keineswegs irgendeine der nachfolgend genannten Erkrankungen oder Veränderungen vorliegen!
POSITIV
(ASGPR vorhanden):
  • Lebererkrankungen
    (Zahlenangaben nach Treichel, Gerken, Büschenfelde in Thomas L., Labor u. Diagnose, TH-Books, 2000).
    • Autoimmune Hepatitis (in 75 % der Fälle von autoimmuner Hepatitis ist ASGPR positiv)
      (Leberentzündung, die durch das eigene Immunsystem verursacht wird)
    • Primär biliäre Zirrhose (in weniger als 10 % der Fälle positiv)
      (Autoimmun-Entzündung der kleinen Gallenwege der Leber; führt zu Juckreiz, Cholesterinablagerungen in der Haut; später Gelbsucht und schwere Leberschäden.)
    • Toxische(Giftstoff)-verursachte Hepatitis (in weniger als 10 % der Fälle positiv)
    • Virushepatitis
      (ansteckende, durch Viren verursachte Leberentzündung)
      Hepatitis B (in weniger als 10 % der Fälle positiv)
      Hepatitis C (in weniger als 10 % der Fälle positiv)
      Hepatitis D (in weniger als 5 % der Fälle positiv)

 

Das Auftreten von ASGPR-Antikörpern bei anderen Erkrankungen ist noch nicht ausreichend untersucht.
   

 

Wichtige Hinweise: Die Website kann Ihnen nur einen allgemeinen Überblick bieten und Orientierungshilfe sein. Allgemeine Informationen können Ihren Arzt nicht ersetzen, da nur er Ihre individuelle Situation beurteilen kann. Anregungen für Verbesserungen, Ergänzungen oder interessante Themen nehmen wir gerne an, individuelle Anfragen können leider nicht beantwortet werden. Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr. Die in med4you dargestellten Informationen dürfen auf keinen Fall als Ersatz für professionelle Beratung oder Behandlung durch approbierte Ärzte angesehen werden. Der Inhalt von med4you kann und darf nicht  zur Diagnosestellung oder zum Durchführen von Behandlungen verwendet werden. Bitte Nutzungsvereinbarungen lesen. Reproduktionen gleich welcher Art, die über die private Nutzung hinausgehen, nur mit schriftlicher Genehmigung der Redaktion. Impressum.
 

E-Mail: med4you@gmx.at

Letzte Änderung 2005-02-14

Zum Seitenanfang