Thromboplastinzeit
- Übersicht
Univ.Prof.Dr.med.
Wolfgang Hübl |
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Kurzinfo
- Referenzbereich - Überprüfung der
Blutgerinnung -
Kontrolle einer gerinnungshemmenden Behandlung
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Der Wortteil Thromb- stammt aus dem Griechischen und bedeutet
dicker Tropfen oder Blutpfropf.
Thromboplastin steht bei diesem Test für eine aus Körpergewebe (z.B. aus Mutterkuchen)
gewonnene Substanz mit der die Gerinnung im Röhrchen ausgelöst wird.Andere Namen und Abkürzungen: TPZ, Prothrombinzeit, PTZ, PZ, Prothrombin
Time, PT, Quick-Wert |
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Was ist die Thromboplastinzeit?
Die Thromboplastinzeit ist ein Test für die Blutgerinnung (Gerinnungstest). Man
überprüft dabei, wie schnell Blutflüssigkeit unter bestimmten Bedingungen gerinnt.Was ist die Blutgerinnung, was zeigen Gerinnungstests?
Die Blutgerinnung ist ein recht komplizierter Vorgang, der zum Stillen von Blutungen
dient. Dabei wirken die Blutgefäße, die Blutplättchen und viele sog. Gerinnungsfaktoren
des Blutes mit. Mit Gerinnungstests überprüft man, ob die Blutgerinnung ordentlich
funktioniert.
Wie funktioniert die Thromboplastinzeit?
Im Prinzip ganz einfach: man gibt Blutflüssigkeit in ein Röhrchen, gibt einen
die Gerinnung auslösenden Stoff (Thromboplastin) dazu, startet gleichzeitig die Stoppuhr,
beobachtet, wann die Gerinnung einsetzt, stoppt die Uhr und liest die Zeit ab. Bei
normaler Blutgerinnung wird die Gerinnung sehr rasch einsetzen (so nach 12 Sekunden). Hat
man eine gestörte Gerinnung oder nimmt man gerinnungshemmende Medikamente, wird es
länger dauern, bis die Gerinnung einsetzt.
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Auch die Thromboplastinzeit wird heute nicht mehr
"händisch" durchgeführt. Nebenstehend die Abbildung eines
Gerinnungs-Laborgerätes, das neben der Thromboplastinzeit noch viele andere
Gerinnungsuntersuchungen durchführen kann. |
Falls Sie es etwas genauer wissen möchten:
Wozu verwendet man die Thromboplastinzeit?
Die Thromboplastinzeit ist ein vielseitiger Test.
Anwendungen:
Überprüfung der Blutgerinnung
(z.B. vor Operationen oder bei Blutungen unklarer Ursache)
Zur Beurteilung der Leberfunktion
(die Leber stellt die meisten Gerinnungsfaktoren her. Ist sie erkrankt, ist meist die
Blutgerinnung verlangsamt. Zur Überprüfung der Leber ist besonders die
Thromboplastinzeit geeignet). Verminderte Leberfunktion ist eine sehr häufige Ursache
einer verlängerten Thromboplastinzeit.
Verdacht auf erbliche Gerinnungsstörungen (diese
sind aber relativ selten).
Gerinnungsstörungen führen einerseits zu Blutungen (z.B. blaue Flecken) ohne
erkennbare Ursache und andererseits zu unerwartet starken Blutungen bei Verletzungen oder
Operationen.
Zur Kontrolle, ob eine gerinnungshemmende
Behandlung richtig dosiert ist, d.h. ob ein Patient die richtige Menge eines
gerinnungshemmenden Medikaments einnimmt, ob er also richtig "eingestellt" ist.
Es ist die Wirkung der Cumarinderivate (Marcoumar®, Marcumar®, Coumadin®, Sintrom®
u.a.), die man mit dem Thrombotest überprüft. Diese Medikamente werden zur Vorbeugung
oder zur Behandlung von Thrombosen (=Gefäßverstopfungen durch Blutgerinnsel) verwendet.
Dazu gehört die Vorbeugung z.B. vor Beinvenenverstopfungen bei Operationen aber auch die
Vorbeugung vor einem neuerlichen Herzinfarkt.
Leider wirken diese Medikamente bei jedem etwas anders, sodass man ihre Wirkung in
regelmäßigen Abständen überprüfen muss. Man muss also messen, wie stark die
Blutgerinnung gehemmt ist. Und das macht man mit der Thromboplastinzeit oder mit dem Thrombotest.
Merkt man dann, dass die Gerinnung zu stark gehemmt ist, muss der Patient weniger
Tabletten nehmen, weil sonst die Blutungsgefahr groß ist. Ist die Gerinnung aber zu wenig
gehemmt, besteht die Gefahr von Blutgefäßverstopfungen und der Patient sollte mehr
einnehmen.
Wie wird das Ergebnis der Thromboplastinzeit angegeben?
Wie oben erwähnt, wird eigentlich eine Zeit gemessen, nämlich die Zeit, die es
braucht, bis die Probe nach Zusatz eines bestimmten Reagenzes geronnen ist. Aber diese
Zeit wird selten im Laborbefund angegeben. Vielmehr vergleicht man die gemessene Zeit mit
der Zeit, die bei Gesunden durchschnittlich vergehen, und ermittelt so einen
Prozentwert. Dabei heißt 60% z.B., dass die Probe langsamer geronnen ist als
durchschnittlich bei Gesunden. Alles über 100% bedeutet also eine Gerinnung, die
schneller als bei Gesunden ist, alles unter 100% bedeutet eine langsamere Gerinnung.
Aber auch Gesunde schwanken, und zwar zwischen 70% und 130%. Das Ergebnis der
Thromboplastinzeit wird also meist in % angegeben.
Heute sollte das Ergebnis aber zusätzlich auch in der sog. INR Einheit angegeben werden.
Was ist die INR (International Normalized Ratio)?
Es hat sich gezeigt, dass die Ergebnisse der Thromboplastinzeit und ähnlicher Tests je
nach verwendeten Reagenzien ziemlich stark voneinander abwichen. Das führte zum Problem,
dass die Werte von Labor zu Labor stark schwankten. Damit wird eine sichere Einstellung
eines Patienten schwierig. Daher versucht man, mit Hilfe von Referenzreagenzien, mit denen
alle Firmen ihre Reagenzien vergleichen müssen, eine internationale Vergleichbarkeit zu
erreichen. Das Ergebnis wird dann in INR angegeben.
Dabei muss man beachten, dass die Bedeutung der INR umgekehrt zu den %-Werten ist: hohe
INR bedeutet langsame Gerinnung, niedrige INR schnelle Gerinnung.
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Was ist der Normotest, Hepatoquick-Test und der
Thrombotest?
All diese Tests sind Varianten der Thromboplastinzeit, die ähnlich funktionieren und
ähnliche Aussagekraft haben. Größere Bedeutung besitzt nur mehr der Thrombotest. |
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Messung der
Thromboplastinzeit zur Überprüfung der Blutgerinnung
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Erniedrigter %-Wert (=langsame Gerinnung,
erhöhte INR): |
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Wie stark ist die Blutgerinnung
beeinträchtigt?
- Liegen die Werte zwischen 50 und 70% (INR zwischen 1.6 und 1.26) und
sind andere Gerinnungsbefunde (PTT, TZ) normal, ist die Gerinnbarkeit des Blutes praktisch
noch nicht beeinträchtigt.
- Liegen die Werte zwischen 30 und 50% (INR zwischen 2.5 und 1.6), ist
die Gerinnbarkeit schon eingeschränkt. Es wird zwar nicht von selbst zu Blutungen kommen,
aber für größere Operationen oder Organpunktionen (Einstechen) können Probleme
entstehen.
- Liegen die Werte zwischen 15 und 27% (INR zwischen 4.8 und 2.7), das
ist meist der Bereich für die Cumarin-Therapie (siehe unten), ist
die Gerinnbarkeit des Blutes stark beeinträchtigt. Bei allen operativen Eingriffen (auch
Zahnziehen) oder Verletzungen muss mit starker Blutungsneigung gerechnet werden und der
Wert vor dem Eingriff oft etwas normalisiert werden.
Auch bei diesen Werten wird es aber von selbst meist zu keinen Blutungen kommen.
- Werte unter 10% (INR > 7.2) haben ein Risiko für von selbst
auftretende, sog. Spontanblutungen, bei Werten unter 5% besteht ein hohes Risiko für
lebensgefährliche Blutungen. Werte unter 5% (INR > 14.7) benötigen daher ein
sofortige Therapie. Bei Cumarin-Überdosierung reicht da das Weglassen der
Cumarin-Medikamente alleine nicht aus.
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URSACHEN Lebererkrankungen
Sowohl bei chronischer (langsam verlaufender) als auch bei plötzlicher Leberschädigung.
Im letzteren Fall kann die Thromboplastinzeit bereits Stunden nach dem Beginn der
Leberschädigung ansteigen, bzw. der %-Wert abfallen. Die Thromboplastinzeit eignet sich
daher zum beobachten der Leberfunktion z.B. bei akuter Leberentzündung (Hepatitis).
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Vitamin K Mangel
Neugeborene, selten bei Erwachsenen (ev. bei Verdauungsstörungen, Einnahme bestimmter
Medikamente[manche Epilepsiemittel, manche Antibiotika, bes. Cephalosporine, u.a.
Medikamente]).
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Angeborene Mängel von
Gerinnungsfaktoren (selten)
Diese können Fehlen oder nur fehlgebildet sein. Probleme mit folgenden Faktoren können
die Thromboplastinzeit verlängern: Faktor II, Faktor V, Faktor VII, Faktor X, Fibrinogen
(=Faktor I). Findet man also eine verlängerte Thromboplastinzeit ohne fassbare Ursache,
kann man durch Spezialtests jeden einzelnen Faktor untersuchen.
Anmerkung: Bei den klassischen Bluter-Erkrankungen (Hämophilie A oder B) und beim
Willebrand-Syndrom (häufigste erbliche Gerinnungserkrankung) ist die Thromboplastinzeit
meist normal. Diese Krankheiten erkennt man besser mit der sog. PTT
(der partiellen Thromboplastinzeit).
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Verbrauchskoagulopathie
Bei manchen schweren Erkrankungen (z.B. Blutvergiftung, fortgeschrittene Tumorerkrankungen
der Lunge oder Prostata, Bauchspeicheldrüsenentzündung, manche Schwangerschafts-
Komplikationen, u.a.) kann es zu im ganzen Körper auftretenden Gerinnungsvorgängen in
den kleinen Blutgefäßen kommen. Dabei werden mehr Gerinnungsfaktoren verbraucht als
nachgebildet werden können.
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Verlustkoagulopathie
Gerinnungsfaktoren gehen verloren: Bei Blutverlusten gehen mit der Blutflüssigkeit auch
Gerinnungsfaktoren verloren. Bei schwereren Blutungen werden bei der Erstversorgung
oft große Mengen an Infusionslösungen ins Blut verabreicht. Dies verlängert die
Thromboplastinzeit, weil die Blutflüssigkeit und damit die Gerinnungsfaktoren verdünnt
werden.
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Neugeborene
In den ersten Lebenstagen werden noch zu wenig Gerinnungsfaktoren gebildet. Die
Thromboplastinzeit ist dann verlängert (der %-Wert vermindert). Man sieht dies aber nicht
als krankhaften Zustand an. Nach etwa 2 Monaten kann die Thromboplastinzeit wegen eines
Vitamin K-Mangels verlängert sein.
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Lupusantikoagulans
Bei verschiedenen Autoimmunerkrankungen, also bei Erkrankungen bei denen sich das
Immunsystem gegen den eigenen Körper richtet, können auch Antikörper gegen das
Gerinnungssystem gebildet werden. Typisch tritt ein solcher Antikörper beim Lupus
erythematodes (eine vielgestaltige Autoimmunerkrankung mit auffälliger, beidseitiger
Gesichtsrötung) auf. Daher der Name. Diese Antikörper können aber auch nach ganz
normalen Infektionen, nach Medikamenteneinnahme, bei Lymphdrüsenkrebs oder auch ohne
erkennbare Ursache auftreten.
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Therapien
Die Thromboplastinzeit ist verlängert bei hohen Spiegeln von Heparin (wird zur
Gerinnungshemmung eingesetzt), bei der Fibrinolysetherapie (zur Auflösung von
Blutgefäßverstopfungen z.B. bei Herzinfarkt) und bei der gerinnungshemmenden Therapie
mit Cumarin-Medikamenten (siehe unten) |
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Erhöhter %-Wert (=schnelle Gerinnung,
erniedrigte INR): |
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Eine zu rasche Gerinnung ist meist Zeichen einer fehlerhaften
Blutabnahme (zu lange Stauung, schlechte Durchmischung des Röhrchens, falsche
Füllmenge), seltener kann ein Krankheitsbild mit erhöhter Gerinnungsaktivität daran
schuld sein. |
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Messung der
Thromboplastinzeit zur Kontrolle der gerinnungshemmenden Therapie
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THERAPEU-
TISCHER-
BEREICH: |
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Der therapeutische Bereich ist der Bereich, in dem
das Ergebnis der Thromboplastinzeit liegen sollte, um Blutgefäßverstopfungen sicher zu
verhindern und gleichzeitig das Blutungsrisiko gering zu halten. In verschiedenen
Situationen ist auch der therapeutische Bereich unterschiedlich. So muss man bei einem
Patienten mit künstlichen Herzklappen die Gerinnung stärker hemmen, als wenn man nur bei
einer normalen Operation vor Gefäßverstopfungen vorbeugen will (siehe auch Tabelle
unten). Wie oben erklärt, dient die Thromboplastinzeit der
Überwachung der gerinnungshemmenden Therapie mit Cumarin-Medikamenten (Marcoumar®,
Marcumar®, Coumadin®, Sintrom® u.a.), für die Überwachung anderer gerinnungshemmender
Therapien (z.B. Heparin) ist er nicht geeignet.
Das INR Ergebnis der Thromboplastinzeit für eine gerinnungshemmende
Behandlung sollte je nach Anwendung zwischen 4.5 und 2.1 liegen. Das
entspricht bei einem typischen Test Prozentwerten zwischen 16 und 36%.
Empfehlungen für bestimmte Anwendungen in der nachstehenden
Tabelle: (nach Glusa, Pindur u. Wenzel, Pharmakologie&Toxikologie,
Urban&Fischer Verlag)
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Grund zur Gabe der
gerinnungshemmenden Medikamente |
Therapeutischer Bereich |
Einheit |
Vorbeugung von Thrombosen nach Operationen |
1.5 - 2.5* |
INR |
Vorbeugung von Thrombosen nach bestimmten
Operationen (Z.B. Hüftoperationen) |
2.0 - 3.0* |
INR |
Behandlung und Vorbeugung nach
Beinvenenthrombosen oder Lungengefäßverstopfung (Lungenembolie) |
2.0 - 3.0* |
INR |
Vorbeugung eines neuerlichen Herzinfarkts |
1.5 - 2.5* |
INR |
Vorhofflimmern, Herzklappenfehler,
Herzklappenbioprothesen |
2.0 - 3.0* |
INR |
künstliche mechanische Herzklappen |
3.0 - 4.5* |
INR |
Dilatative Kardiomyopathie
(Herzmuskelerkrankung mit Vergrößerung des Herzens) |
1.5 - 2.5* |
INR |
*Die Werte sind nur Richtwerte, die
gegebenenfalls der individuellen Situation des Patienten angepasst werden müssen. |
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Das heißt, die Gerinnungshemmung ist zu
stark. Es besteht eventuell Blutungsgefahr. |
- Die häufigste Ursache hierfür ist die Einnahme
zusätzlicher Medikamente. Viele Medikamente könnten die Wirkung der
gerinnungshemmenden Cumarine auf die eine oder andere Weise verstärken. Darunter so
gebräuchliche Medikamente wie Schmerzstiller, Gichtmedikamente, Antibiotika, Lipidsenker,
Epilepsiemittel u.a. Der Beipackzettel gibt darüber Auskunft.
- Verschiedene Erkrankungen vermindern den Bedarf an
gerinnungshemmenden Medikamenten und führen bei gleichbleibender Dosierung zu einer zu
hohen INR.
Beispiele: Lebererkrankungen, Nierenversagen, Schilddrüsenüberfunktion,
Herzschwäche.
- Vitamin K-Mangel (kann durch Darmerkrankungen
oder mangelnde Zufuhr in der Nahrung verursacht sein)
- Alkoholmissbrauch
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Das heißt, die Gerinnungshemmung ist zu
gering. Es besteht eventuell Thrombosegefahr (Verstopfung der Blutgefäße). |
- Die häufigste Ursache hierfür ist die Einnahme
zusätzlicher Medikamente. Viele Medikamente könnten die Wirkung der
gerinnungshemmenden Cumarine auf die eine oder andere Weise vermindern. Darunter so
gebräuchliche Medikamente wie Epilepsiemedikamente, die "Pille",
Magensäure-Neutralisierer, Mittel gegen Depression, Kortison-Präparate u.a. Der
Beipackzettel gibt darüber Auskunft.
- Einnahme Vitamin K-reicher Nahrungsmittel (Praktisch haben aber
nur grüner Kohl und Spinat soviel Vitamin K, dass dies eine Rolle spielt)
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