Liquor befindet sich in den Hohlräumen des Gehirns und
Rückenmarks. Normalerweise ist im Liquor nur sehr wenig Eiweiß. Findet man mehr, ist
dies ein Zeichen, dass etwas nicht in Ordnung ist. Prinzipiell
gibt es drei Gründe, warum zu viel Eiweiß im Liquor sein kann:
- Eiweiß tritt aus der Blutflüssigkeit
in den Liquor über.
Dies sollte normalerweise nicht passieren. Es gibt keine direkte
Verbindung zwischen Blutkreislauf und Liquorraum. Im Gegenteil, man spricht sogar von
einer Blut-Liquor-Schranke, die viele Stoffe, unter anderem die meisten Eiweißarten,
normalerweise nicht durchlässt.
Um Störungen der Blut-Liquor-Schranke zu erkennen, misst man Albumin im Liquor. Da
Albumin nur in der Leber gebildet wird, muss das Albumin im Liquor aus dem Blut kommen. Je
durchlässiger die Bluthirnschranke ist, umso mehr Albumin ist im Liquor.
Noch aussagekräftiger ist der sog. Albumin-Quotient. Dabei misst man Albumin im
Liquor und in der Blutflüssigkeit. Dann dividiert man das Liquoralbumin durch das Albumin
in der Blutflüssigkeit und erhält so den Albumin-Quotienten (QAlb), eine
normalerweise sehr kleine Zahl (bis ca. 0.006). Ist die Blutliquorschranke gestört, kann
der Quotient auf 0.1 oder darüber ansteigen. In solch schweren Fällen spricht man auch
von einem Schrankenzusammenbruch.
- Durch einen krankhaften Prozess wird im
Liquorraum Eiweiß produziert.
Da ist besonders die Produktion von Immunglobulinen (=Abwehrkörper, Antikörper) zu
nennen. Bei akuten oder auch länger zurückliegenden Infektionen, bei
Autoimmunerkrankungen oder bei Multipler Sklerose, selten bei Lymphdrüsenkrebs, kann es
dazu kommen.
Um dies zu erkennen, misst man die Immunglobuline im Liquor.
Wie beim Albumin kann man auch bei den Immunglobulinen das Verhältnis der
Konzentration in der Blutflüssigkeit zur Konzentration im Liquor berechnen: den
Immunglobulin-Quotient. Der wichtigste ist der sog. IgG-Quotient. Dabei misst man
Immunglobulin-G im Liquor und in der Blutflüssigkeit. Dann dividiert man das
Liquorimmunglobulin-G durch das Immunglobulin-G in der Blutflüssigkeit und erhält so den
IgG-Quotienten(QIgG), eine normalerweise sehr kleine Zahl.
Aber: Immunglobuline im Liquor können auch bei einer Schrankenstörung aus dem Blut
in den Liquor kommen. Sind Immunglobuline im Liquor erhöht, muss man daher auch das
Albumin beachten, um zu sehen, ob das Immunoglobulin nicht einfach aus dem Blut kommt, und
nicht im Liquorraum produziert wird.
Das kann man abschätzen, indem man die Albumin- und die
Immunglobulinkonzentration, besser noch den Albumin-Quotienten und den
Immunglobulin-Quotienten vergleicht.
- Sind beide etwa gleichmäßig erhöht, wird eine Schrankenstörung vorliegen.
- Ist nur das Immunglobulin bzw. der Immunglobulin-Quotient erhöht, wird eine
Produktion von Immunglobulinen im Liquor vorliegen.
- Ist beides erhöht, das Immunglobulin aber stärker als das Albumin wird eine
Schrankenstörung UND eine lokale Produktion von Immunglobulinen vorliegen (siehe Punkt
3).
Um dies in Zahlen auszudrücken berechnet man den sog. IgG-Index (=IgG-Quotient
dividiert durch Albumin-Quotient) der zwischen 0.3 und 0.6 liegen sollte. Eine Erhöhung
spricht für eine Produktion vom Immunglobulinen im Liquorraum. Noch
exakter kann man eine Produktion von Immunglobulinen im Liquorraum erkennen, indem man die
Werte in Diagrammen, den sog. Quotientendiagrammen oder Reiber-Laurell-Plots
aufträgt und beurteilt.
"Oligoklonale" Banden
Eine andere Möglichkeit, eine Produktion im Liquorraum von einem einfachen
Übertritt aus dem Blut zu unterscheiden, ist die Auftrennung der Liquorimmunglobuline.
Sieht man dabei Immunglobuline vermehrt, die im Blut gar nicht vorkommen, dann spricht das
für eine Produktion im Liquorraum. Man macht dies mit Techniken, bei denen die
zusätzlichen Eiweißstoffe wie Streifen (Banden) auf dem Analysepapier erscheinen und
spricht daher auch von "oligoklonalen" Banden im Liquor, wenn man so etwas
findet.
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Die zusätzlichen Banden (senkrechte Streifen) im
Liquor deuten auf eine Produktion von Immunglobulinen im Liquorraum hin. |
- Es passiert beides: Eiweiß tritt aus
dem Blut über UND wird im Liquorraum produziert
Wie oben besprochen erkennt man das dadurch, dass sowohl Albumin als auch Immunglobuline
im Liquor erhöht sind, die Immunglobuline aber stärker (genauer: überproportional)
erhöht sind.
Der IgG-Quotient ist stärker erhöht als der Albumin-Quotient, der IgG-Index
(=IgG-Quotient dividiert durch Albumin-Quotient) der zwischen 0.3 und 0.6 liegen sollte,
ist daher auch erhöht.
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