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Urobilinogen im Harn - Übersicht
Univ.Prof.Dr.med. Wolfgang Hübl
Name - Info - Referenzbereiche ("Normalwerte") - Ursachen einer Erhöhung
 
Ursachen einer Verminderung

    

IN DREI SÄTZEN:
Urobilinogen ist ein beim Abbau des roten Blutfarbstoffs (Hämoglobin) entstehender Stoff, der auch normalerweise in geringen Mengen im Harn ausgeschieden wird. Seine Vermehrung im Harn ist meist durch Leberschäden oder durch den gesteigerten Abbau roter Blutkörperchen (Hämolyse) bedingt. Verminderungen bzw. das Fehlen des Urobilinogens im Harn können Ausdruck einer Blockierung des Galleabflusses sein (Gallensteine, Tumor).
   
NAME:
Uro-: Wortteil mit der Bedeutung Harn. Lat. bilis die Galle. Genus lat. für Geburt, Stamm, Abkunft.
Schon recht früh (19. Jhdt) erkannte man den gelblich-braunen Gallenfarbstoff im Harn, den man Urobilin nannte. Und bald erkannte man auch, dass dieser aus einer farblosen Vorstufe entsteht. Diese nannte man dementsprechend Urobilinogen.
   
INFO:
Was ist Urobilinogen?
Urobilinogen ist ein Abbauprodukt des Bilirubins. Dieses wiederum ist ein Abbauprodukt des roten Blutfarbstoffs, des Hämoglobins.
Chemisch betrachtet sollte man besser Urobilinogene sagen, manche sagen auch Urobilinoide. Das kommt daher, dass es sich dabei chemisch um keinen einzelnen Stoff handelt, sondern um verschiedene ähnliche Stoffe, die beim Abbau des Bilirubins im Darn entstehen (vor allem Urobilinogen und Sterkobilinogen). Im klinischen Gebrauch ist dies aber unerheblich und es hat sich die Bezeichnung Urobilinogen durchgesetzt.

 

Wobei entsteht Urobilinogen?
Urobilinogen entsteht beim Gesunden im Zuge des Abbaus der roten Blutkörperchen.

 

Wie entsteht Urobilinogen und was passiert damit?
Das beim Abbau der roten Blutkörperchen entstehende Bilirubin gelangt zur Leber, von der es, nach einer kleinen chemischen Veränderung, in die Galle und damit in den Darm ausgeschieden wird. Im Darm wird aus dem Bilirubin dann Urobilinogen. 80% dieses Urobilinogens werden mit dem Stuhl ausgeschieden.
Die restlichen 20%, die nicht im Stuhl ausgeschieden werden, werden vom Darm aufgenommen. Und gelangen wieder zur Leber. Und werden wieder über die Galle in den Darm ausgeschieden.
Ein Teil des Urobilinogens läuft also im Kreis (Darm-Leber-Galle-Darm). Man nennt das auch Darm-Leber-Kreislauf oder enterohepatischer Kreislauf. Wozu der beim Urobilinogen gut ist, ist unklar.

Darstellung der Entstehung von Urobilinogen und des enterohepatischen Kreislaufs Urobilinogen-
Stoffwechsel

Das beim Abbau des roten Blutfarbstoffs entstehende Bilirubin kommt über das Blut (1) in die Leber, wird (etwas verändert) über die Galle in den Darm ausgeschieden und dort in Urobilinogen umgewandelt (2). Ein kleiner Teil davon wird über den Darm aufgenommen (3).
Über die Pfortader kommt das aufgenommene Urobilinogen in die Leber und wird von dieser über die Galle ausgeschieden und gelangt so wieder in den Darm (4; animierte Pfeile: Leber-Darm-Kreislauf; entero-hepatischer Kreislauf). Ein sehr kleiner Teil des aus dem Darm aufgenommenen Urobilinogens gelangt ins Blut (5) und wird über den Harn ausgeschieden (6).
Urobilinogene könnten nicht nur über die Leber sondern aus den unteren Darmabschnitten auch direkt ins Blut übergehen (7; siehe nächster Punkt).

 
Woher kommt das Urobilinogen im Blut (bzw. Harn)?

Ein kleiner Teil des im dem Darm entstehenden Urobilinogens gelangt aus dem Darm wieder ins Blut und von dort über die Niere in den Harn. Das ist sicher. Nicht ganz sicher ist, auf welchem Weg es aus dem Darm ins Blut kommt. Geht es aus dem Darm vorwiegend in die Leber und dann von der Leber ins Blut. Oder geht es vorwiegend aus unteren Darmabschnitten direkt ins Blut. Glücklicherweise ist diese Frage für die Deutung des Laborbefundes "Urobilinogen im Harn" nicht so wichtig.

 

Wo findet man normalerweise Urobilinogen?
Minimale Mengen findet man im Blut, größere Mengen sind im Harn und im Stuhl. Wenn auch die Messung in Blut und Stuhl für spezielle Fragestellungen interessant sein kann, bestimmt man Urobilinogen heute praktisch ausschließlich im Harn.

 

Wie bestimmt man Urobilinogen im Harn?
Die Bestimmung erfolgt meist mittels Teststreifen. Dies ist nicht übermäßig genau, reicht für eine medizinische Bewertung aber vollkommen aus.

Harntteststreifen Urobilinogen-Feld

Je höher die Urobilinogenkonzentration, desto stärker die Verfärbung des Urobilinogen-Feldes.

Man taucht den Teststreifen kurz in den Harn, das Urobilinogenfeld-Feld wird sich verfärben. Nach einer Minute vergleicht man die Farbe mit den oben abgebildeten Farbfeldern. Aus der Farbe kann man die Urobilinogenkonzentration ungefähr ableiten.

 

Warum bestimmt man Urobilinogen im Harn?
Der Wert der Bestimmung von Urobilinogen im Harn wird von manchen gering eingeschätzt. Tatsächlich gibt heute verlässlichere Untersuchungen als die Urobilinogenkonzentration im Harn. Dennoch bleibt die Bestimmung von Urobilinogen im Harn eine mit einfachsten Mitteln durchführbare Untersuchung, die helfen kann, Leberschäden zu erkennen und verschiedene Ursachen der Gelbsucht (Bilirubin-Erhöhung) zu unterscheiden.

    
REFERENZ-
BEREICH:
Bereich Einheit Bereich Einheit
bis 1 mg/dl bis 17 µmol/l
   
 
Hinweis: aus isolierten, leichten Erhöhungen oder Erniedrigungen von Laborwerten kann man in den allermeisten Fällen keine Schlussfolgerungen auf irgendeine Erkrankung ziehen. Liegen also nur leichte Veränderungen vor, muss keineswegs irgendeine der nachfolgend genannten Erkrankungen oder Veränderungen vorliegen!
   
ERHÖHUNG:
1. Vermehrter Abbau von roten Blutkörperchen (Hämolyse)

Werden bei einer Erkrankung vermehrt rote Blutkörperchen abgebaut, dann fällt mehr Bilirubin an. Im Darm wird daher mehr Urobilinogen gebildet und es gelangt daher auch mehr ins Blut und in den Harn.
Typisches Befundmuster: Urobilinogen im Harn erhöht, Bilirubin im Harn normal (außer bei extrem starken Hämolysen). Bilirubin im Blut erhöht (dabei ist vor allem das indirekte Bilirubin erhöht, das direkte weniger).
 

Vermehrung von Urobilinogen bei Hämolysen (Zerstörung roter Blutkörperchen) Urobilinogen-
Vermehrung bei Hämolysen

Der vermehrte Abbau roter Blutkörperchen führt letztlich zu einer vermehrten Ausscheidung von Urobilinogen im Harn.

 
Ursachen von Hämolysen
Hämolysen können durch die unterschiedlichsten Ursachen bedingt sein:

  • Folgeerscheinungen von Infektionen
  • bei bestimmten Blutkrebsformen
  • bei Autoimmunerkrankungen (z.B. Lupus Erythematodes, Anti-Phospholipid-Syndrom)
  • angeborene Defekte der roten Blutkörperchen oder des roten Blutfarbstoffes (Hämoglobin)
  • Fehltransfusionen
  • Vergiftungen, Verbrennungen, Erfrierungen
  • künstliche Herzklappen

Auch ausgiebiges Joggen oder Wandern kann zu Hämolysen führen. Diese werden aber kaum jemals so stark ausfallen, dass das Urobilinogen im Harn vermehrt sein wird.

Folgende Krankheitsbilder zählen nicht zu den Hämolysen im engeren Sinn, sind aber ebenfalls mit vermehrtem Abbau roter Blutkörperchen verbunden:

  • Blutarmut (Anämie) wegen Vitamin-B12/Folsäure-Mangels
  • ausgedehnte Blutergüsse, die von unseren Fresszellen beseitigt werden.
  • bösartige Vermehrung roter Blutkörperchen (Polyzythämia vera)

 

 

2. Erkrankungen oder Schädigungen der Leber

Sind die Leberzellen geschädigt, wird das aus dem Darm aufgenommene Urobilinogen in geringerem Maße in die Galle ausgeschieden. Es geht vermehrt ins Blut und in den Harn über.
Typisches Befundmuster: Urobilinogen im Harn erhöht, Bilirubin im Harn meist vorhanden (wegen des Leberschadens). Bilirubin im Blut ebenfalls erhöht (dabei ist vor allem das direkte Bilirubin erhöht).
 

Vermehrung von Urobilinogen bei Leberschäden Urobilinogen-
Vermehrung bei Leberschaden

Aufgenommenes Urobilinogen wird vermindert ausgeschieden (graue Pfeile), es geht vermehrt ins Blut (Stern) und schließlich in den Harn.

Ursachen:

  • Leberentzündung (Hepatitis)
  • Leberzirrhose
  • Vergiftungen (Gifte, Medikamente, Alkohol)
  • Lebertumoren
  • unvollständige Verschlüsse der Gallenwege mit Leberschädigung
  • Schädigung der Leber bei Herzversagen (Blutstau in der Leber)
  • andere Leberschäden

 

 

3. Schwere Verstopfung (Obstipation)

Bei schwerer Verstopfung wurden erhöhte Werte gefunden. Als Ursache wurde eine vermehrte Bildung von Urobilinogen im Darm angenommen.

 

 

4. Umgehung der Leber
(Blut aus dem Darm fließt an der Leber vorbei)

Das aus dem Darm kommende Blut fließt normaler Weise fast vollständig über die sog. Pfortader in die Leber. So kommt auch das Urobilinogen in die Leber. Bei manchen Erkrankungen fließen aber größere Mengen Blut an der Leber vorbei. So z.B. bei der Leberzirrhose oder bei einer Verstopfung der Pfortader.
Bei manchen Erkrankungen wird auch als Behandlung eine Verbindung zwischen der Pfortader und der großen Hohlvene angelegt, damit das Blut in diese Richtung abfließen kann. Man nennt dies portocavalen Shunt. Auch dabei kann es zu einer erhöhten Urobilinogenkonzentration im Harn kommen.

 

 

5. Infektionen der Gallenwege

Wenn es zu bakteriellen Infektionen im Bereich des Gallengangsystems kommt (z.B. Gallenblasenentzündung, Gallengangsentzündung), kann Bilirubin bereits in den Gallenwegen zur Urobilinogen umgeformt und auch ins Blut aufgenommen werden. Damit wird die Leber umgangen, Urobilinogen erscheint vermehrt im Blut und daher auch vermehrt im Harn.

 

   
VERMINDERUNG:
1. Blockade des Galleabflusses

Wenn wegen einer Blockade des Galleabflusses kein Bilirubin in den Darm kommt, kann auch kein Urobilinogen entstehen.
Ursachen sind meist Tumoren, seltener Steine oder andere Abflusshindernisse.
Befundkonstellation: Urobilinogen im Harn vermindert oder fehlend, Bilirubin im Harn vorhanden. Bilirubin im Blut erhöht; dabei ist vor allem das direkte Bilirubin erhöht.
  

Verminderung von Urobilinogen bei Blockade des Galleabflusses Urobilinogen-
Verminderung bei Blockade des Galleabflusses

Blockiert ein Hindernis (Tumor, Stein) den Galleabfluss, gelangt kein Bilirubin in den Darm und es kann daher kein Urobilinogen entstehen.

 

 

2. Schwerster Leberschaden

Wie unter "Erhöhung" erwähnt, ist das Urobilinogen im Harn bei Leberschäden meist erhöht, weil die Ausscheidung von Urobilinogen gestört ist. Bei schwersten Leberschäden, bei denen die Galleproduktion der Leber versiegt, kann das Urobilinogen aber vermindert sein oder fehlen.

Ursachen:

  • schwerste Virus-Leberentzündung (Hepatitis; meist nur kurzfristige Urobilinogenverminderung)
  • Vergiftungen

 

 

3. Fehlen der normalen Darmbakterien

Wenn die normalen Darmbakterien fehlen oder stark vermindert sind, wird auch weniger Urobilinogen entstehen.

Ursachen:

  • Neugeborene (ist bei diesen normal)
  • nach intensiver Antibiotika-Behandlung
  • auch bei Durchfällen wurden Urobilinogenverminderungen beobachtet

 

   

 

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Letzte Änderung 2004-04-13

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