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Dichte / Spezifisches Gewicht des Harns - Übersicht
Univ.Prof.Dr.med. Wolfgang Hübl
    
IN VIER SÄTZEN:
Die Dichte des Harns ist ein Maß dafür, wie konzentriert der Harn ist. Beim Gesunden hängt das von der Trinkmenge und von Flüssigkeitsverlusten (Schwitzen) ab. Trinken wir viel, ist der Harn dünn und die Dichte ist niedrig, trinken wir wenig oder verlieren wir viel Wasser durch Schwitzen ist sie hoch.
Bleibt die Dichte niedrig, obwohl wenig Flüssigkeit zugeführt wurde, kann eine Erkrankung der Niere und/oder eine zu geringe Wirkung des Hormons ADH daran schuld sein.
   
KURZINFO:
Was ist die Dichte?
Physikalisch gesehen ist die Dichte die Masse eines Stoffes dividiert durch sein Volumen (Masse/Volumen).
Beispiel: Blei hat eine hohe Dichte, Holz eine eher niedrige.

Der Ausdruck "spezifisches Gewicht" sollte eigentlich vermieden werden
Man hat die Konzentration des Harns früher als spezifisches Gewicht angegeben. Auch heute ist der Ausdruck noch weit verbreitet. Physiker empfehlen aber, den Ausdruck spezifisches Gewicht nicht mehr zu verwenden.

Darüber hinaus geben manche Labors das "spezifische Gewicht" des Harns in Gramm pro Milliliter (g/ml) an. Das ist physikalisch betrachtet auf jeden Fall falsch. Die Angabe g/ml ist eine Dichte (Masse/Volumen). Das spezifische Gewicht müsste man als Gewichtskraft/Volumen also z.B. N(ewton)/ml oder p(ond)/ml angeben.
Nun ist es aber so, dass die Dichte in g/ml und das spezifische Gewicht in p/ml zahlenmäßig praktisch den gleichen Wert ergeben. Deswegen ist es für die praktische Anwendung ziemlich gleichgültig, wie man den Wert nennt.
Man kann daher für die medizinische Anwendung vereinfachen: Spezifisches Gewicht des Harns ist gleichbedeutend Dichte des Harns, auch wenn das so manchen Physiker entsetzen mag.

 

Wovon hängt die Dichte des Harns ab?
Unsere Niere hat die Aufgabe, bestimmte Stoffe mit dem Harn auszuscheiden und dabei gleichzeitig Wasser zurückzuhalten. Die Niere hat also die Aufgabe, den Harn zu konzentrieren. Und je konzentrierter der Harn ist, desto höher die Dichte.
Da sich beim Gesunden die Summe der auszuscheidenden Stoffe nur wenig ändert, hängt die Konzentration des Harns und damit die Dichte vor allem von der Trinkmenge und von Wasserverlusten außerhalb der Niere ab:

  • Trinken wir viel, wird unser Harn sehr "dünn", also wenig konzentriert. Die Dichte ist niedrig.
  • Trinken wir wenig und/oder Schwitzen wir viel, wird unser Harn stark konzentriert und die Dichte hoch sein.

 

Warum misst man die Dichte des Harns?
In den allermeisten Fällen wird die Dichte ohne spezielle Begründung bei der Harnuntersuchung einfach mitbestimmt, weil es ein Testfeld auf Mehrfelder-Harnteststreifen ist.
Die Dichte gibt Auskunft über die Konzentration des Harns und kann damit ein ergänzender Befund zur Abschätzung des Wasserhaushaltes und der Nierenfunktion sein.

 

Was sagt eine niedrige (bzw. normale) Dichte?
Aus einer niedrigen oder normalen Dichte (< 1.020 g/l) alleine kann man nichts schließen. Auch beim Gesunden kann sie sehr niedrig sein, wenn er viel Flüssigkeit trinkt. Bleibt die Dichte des Harns aber niedrig, obwohl der Patient wenig getrunken hat, könnte ein Erkrankung dahinterstecken.

 

Ursachen einer niedrigen Dichte

  • Große Trinkmengen
     
  • Schäden der Niere
    Es werden zuwenig Stoffe in den Harn ausgeschieden und es wird zuwenig Wasser zurückgehalten. Die Dichte des Harns wird niedrig sein, trotz geringer Flüssigkeitszufuhr.
    Technische Anmerkung: Führt der Nierenschaden auch zu einer Vermehrung von Eiweiß im Harn, muss der Messwert rechnerisch korrigiert werden oder es muss eine Methode verwendet werden, bei der Eiweiß nicht in das Messergebnis eingeht (z.B Teststreifen).
     
  • Zu geringe Wirkung des Hormons ADH (Diabetes insipidus)
    Das ADH (Antidiuretisches Hormon) bewirkt, dass in den kleinen Nierenröhrchen Wasser zurückgeholt wird. Ist die ADH Wirkung zu gering, wird sehr viel Wasser ausgeschieden (auch 20l pro Tag kommen vor). Die Patienten verspüren großen Durst und trinken viel. Die Dichte ist dann sehr niedrig. Auch bei geringer Flüssigkeitszufuhr steigt sie kaum an.
    Ursachen sind
     
    • Schädigungen der Hirnanhangsdrüse, die das Hormon ADH ausschüttet (Tumoren, Entzündungen, Verletzungen). Sog. zentraler Diabetes insipidus.
       
    • Es gibt auch Erkrankungen, bei denen die Nierenröhrchen nicht auf ADH reagieren. Dies nennt man renalen Diabetes insipidus. Dazu gehören neben angeborenen Nierenerkrankungen auch manche erworbene Nierenschäden. Es bestehen also fließende Übergänge zwischen der Ursache "renaler Diabetes insipidus" und "Schäden der Niere" .

    Schema von Hypothalamus und Hypophyse (Hirnanahngsdrüse)

    ADH-Bildung
    Gebildet wird das ADH im Hypothalamus. Dann wird es in den hinteren Teil der Hirnanhangsdrüse transportiert und dort bei Bedarf ans Blut abgegeben.
    Das ADH wirkt auf die Nieren und vermindert dort die Wasserausscheidung.

     

  • Zuckerkrankheit (Ergebnis der Dichte methodenabhängig)
    Bei der schlecht eingestellten Zuckerkrankheit wird viel Glucose, und mit der Glucose auch viel Wasser, über die Niere ausgeschieden.
    Technische Anmerkung: Das Ergebnis der Dichte des Harns ist nur dann niedrig, wenn man entweder den Wert der Glucose rechnerisch berücksichtigt oder eine Methode verwendet, bei der Glucose nicht in das Messergebnis eingeht (z.B. Teststreifen).

 

Der Durstversuch
Eine niedrige Dichte des Harns und große Harnmengen müssen keine organische Krankheit zur Ursache haben. Auch große Trinkmengen können dies verursachen. Im Zweifelsfall und zu genauerer Abklärung der Ursache kann man einen sog. Durstversuch durchführen.
Von diesem gibt es verschiedene Varianten. Allen gemeinsam ist, dass man den Patienten eine Zeit lang (z.B. 4 Stunden) Dursten lässt und überprüft, ob die Dichte* des Harns währenddessen ansteigt.

  • Steigt die Dichte* des Harns beim Dursten nicht an, liegt meist ein Nierenschaden und/oder eine zu geringe Wirkung des Hormons ADH vor (Diabetes insipidus; siehe voriger Abschnitt).
     
  • In einem 2. Schritt gibt man ein ADH-ähnliches Medikament und überprüft, ob dadurch ein Anstieg der Dichte* erfolgt. Wenn ja, dann scheint dieses Hormon gefehlt zu haben und ein zentraler Diabetes insipidus ist wahrscheinlich. Wenn nein, dürfte das Problem in der Niere liegen.


*Meist wird bei diesem Versuch heute nicht mehr das spezifische Gewicht, sondern die sog. Osmolalität des Harns gemessen. Auch die Osmolalität ist ein Maß für die Konzentration der Stoffe im Harn.

 

Was sagt eine hohe Dichte?
Aus einer hohen Dichte (über 1.020 g/l)  kann man schließen, dass die Niere den Harn konzentrieren kann. Damit sind schwere Nierenschäden oder ein Fehlen der ADH-Wirkung sehr unwahrscheinlich. Leichtere Nierenschäden sind dadurch aber keineswegs ausgeschlossen.

 

Ursachen einer hohen Dichte des Harns

  • Geringe Trinkmengen
     
  • Flüssigkeitsverluste außerhalb der Niere
    Schwitzen/Fieber, Durchfälle, künstliche Beatmung mit zu trockener Luft.
     

 

Wie misst man die Dichte?
Früher verwendete man dazu Apparate (längliche Glaskörper), die man in den Harn eintauchte, "schwimmen" ließ und danach abmaß, wie weit sie abgesunken waren (bzw. umgekehrt: wie viel noch aus dem Harn ragte). Diese Geräte nennt man Aräometer, auch Hydrometer oder Urometer. Oder man hat die Lichtbrechung des Harns gemessen. Heute wird die Dichte einfach mit dem Harn-Teststreifen ermittelt. Das ist zwar nicht übermäßig genau, reicht aber meist vollkommen aus.
Der Teststreifen hat gegenüber anderen Methoden sogar den Vorteil, dass Zucker (Glucose) und Eiweiß im Harn das Ergebnis kaum verfälschen.
 

Harntteststreifen Dichte-Feld

Je gelblich-brauner das Teststreifenfeld desto höher ist das spezifische Gewicht des Harns

Man taucht den Teststreifen kurz in den Harn, das Feld der Dichte wird sich verfärben. Nach einer Minute vergleicht man die Farbe mit den oben abgebildeten Farbfeldern. Die Farbe zeigt die Dichte an. Alles unter 1.005 ist ein sehr dünner Harn (Wasser hat 1.000), 1.030 ist ein stark konzentrierter Harn.
Streng genommen, misst das Testfeld nicht die Dichte sondern die Ionen-Konzentration des Harns. Das ist aber für die medizinische Anwendung ausreichend, ja in manchen Situationen (zucker- oder eiweißreicher  Harn) sogar sinnvoll.

 

Irreführende Erhöhungen der Dichte
Je nach Messmethode können Eiweiß, Zucker, Blut, Eiter, Röntgenkontrastmittel oder Infusionen ("Plasamexpander") das spezifische Gewicht des Harns erhöhen. Damit liefert es über die Ausscheidungsleistung der Niere keine sichere Aussage mehr.  


   
REFERENZ-
BEREICH:

Die Dichte des Harns Gesunder liegt während des Tages meist zwischen 1.012 und 1.030 g/ml.
Beim Morgenharn liegt sie bei etwa bei 1.023, nach 12-stündiger Nahrungs- und Flüssigkeitskarenz zwischen 1.020 und 1.040 g/ml.
Im Durstversuch sollte eine Dichte von mindestens 1.020 g/ml erreicht werden, maximal steigt die Dichte auf ca. 1.040 g/ml.

   

 

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Letzte Änderung 2004-04-13

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