Was ist die Dichte?
Physikalisch gesehen ist die Dichte die Masse eines Stoffes dividiert durch sein Volumen
(Masse/Volumen).
Beispiel: Blei hat eine hohe Dichte, Holz eine eher niedrige. Der Ausdruck "spezifisches Gewicht" sollte
eigentlich vermieden werden
Man hat die Konzentration des Harns früher als spezifisches Gewicht angegeben. Auch heute
ist der Ausdruck noch weit verbreitet. Physiker empfehlen aber, den Ausdruck spezifisches
Gewicht nicht mehr zu verwenden.
Darüber hinaus geben manche Labors das "spezifische Gewicht" des Harns
in Gramm pro Milliliter (g/ml) an. Das ist physikalisch betrachtet auf jeden Fall falsch.
Die Angabe g/ml ist eine Dichte (Masse/Volumen). Das spezifische Gewicht müsste man als
Gewichtskraft/Volumen also z.B. N(ewton)/ml oder p(ond)/ml angeben.
Nun ist es aber so, dass die Dichte in g/ml und das spezifische Gewicht in p/ml
zahlenmäßig praktisch den gleichen Wert ergeben. Deswegen ist es für die praktische
Anwendung ziemlich gleichgültig, wie man den Wert nennt.
Man kann daher für die medizinische Anwendung vereinfachen: Spezifisches Gewicht
des Harns ist gleichbedeutend Dichte des Harns, auch wenn das so manchen Physiker
entsetzen mag.
Wovon hängt die Dichte des Harns ab?
Unsere Niere hat die Aufgabe, bestimmte Stoffe mit dem Harn auszuscheiden und dabei
gleichzeitig Wasser zurückzuhalten. Die Niere hat also die Aufgabe, den Harn zu
konzentrieren. Und je konzentrierter der Harn ist, desto höher die Dichte.
Da sich beim Gesunden die Summe der auszuscheidenden Stoffe nur wenig ändert, hängt die
Konzentration des Harns und damit die Dichte vor allem von der Trinkmenge und von
Wasserverlusten außerhalb der Niere ab:
- Trinken wir viel, wird unser Harn sehr "dünn", also wenig
konzentriert. Die Dichte ist niedrig.
- Trinken wir wenig und/oder Schwitzen wir viel, wird unser Harn stark
konzentriert und die Dichte hoch sein.
Warum misst man die Dichte des Harns?
In den allermeisten Fällen wird die Dichte ohne spezielle Begründung bei der
Harnuntersuchung einfach mitbestimmt, weil es ein Testfeld auf Mehrfelder-Harnteststreifen
ist.
Die Dichte gibt Auskunft über die Konzentration des Harns und kann damit ein ergänzender
Befund zur Abschätzung des Wasserhaushaltes und der Nierenfunktion sein.
Was sagt eine niedrige (bzw. normale)
Dichte?
Aus einer niedrigen oder normalen Dichte (< 1.020 g/l) alleine kann man
nichts schließen. Auch beim Gesunden kann sie sehr niedrig sein, wenn er viel
Flüssigkeit trinkt. Bleibt die Dichte des Harns aber niedrig, obwohl der Patient wenig
getrunken hat, könnte ein Erkrankung dahinterstecken.
Ursachen einer niedrigen Dichte
- Große Trinkmengen
- Schäden der Niere
Es werden zuwenig Stoffe in den Harn ausgeschieden und es wird zuwenig Wasser
zurückgehalten. Die Dichte des Harns wird niedrig sein, trotz geringer
Flüssigkeitszufuhr.
Technische Anmerkung: Führt der Nierenschaden auch zu einer Vermehrung von Eiweiß
im Harn, muss der Messwert rechnerisch korrigiert werden oder es muss eine Methode
verwendet werden, bei der Eiweiß nicht in das Messergebnis eingeht (z.B Teststreifen).
- Zu geringe Wirkung des Hormons ADH (Diabetes insipidus)
Das ADH (Antidiuretisches Hormon) bewirkt, dass in den kleinen Nierenröhrchen
Wasser zurückgeholt wird. Ist die ADH Wirkung zu gering, wird sehr viel Wasser
ausgeschieden (auch 20l pro Tag kommen vor). Die Patienten verspüren großen Durst und
trinken viel. Die Dichte ist dann sehr niedrig. Auch bei geringer Flüssigkeitszufuhr
steigt sie kaum an.
Ursachen sind
- Schädigungen der Hirnanhangsdrüse, die das Hormon ADH
ausschüttet (Tumoren, Entzündungen, Verletzungen). Sog. zentraler Diabetes
insipidus.
- Es gibt auch Erkrankungen, bei denen die Nierenröhrchen nicht
auf ADH reagieren. Dies nennt man renalen Diabetes insipidus. Dazu
gehören neben angeborenen Nierenerkrankungen auch manche erworbene Nierenschäden. Es
bestehen also fließende Übergänge zwischen der Ursache "renaler Diabetes
insipidus" und "Schäden der Niere" .
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ADH-Bildung
Gebildet wird das ADH im Hypothalamus. Dann wird es in den hinteren Teil der
Hirnanhangsdrüse transportiert und dort bei Bedarf ans Blut abgegeben.
Das ADH wirkt auf die Nieren und vermindert dort die Wasserausscheidung. |
- Zuckerkrankheit (Ergebnis der Dichte
methodenabhängig)
Bei der schlecht eingestellten Zuckerkrankheit wird viel Glucose, und mit der
Glucose auch viel Wasser, über die Niere ausgeschieden.
Technische Anmerkung: Das Ergebnis der Dichte des Harns ist nur dann niedrig, wenn
man entweder den Wert der Glucose rechnerisch berücksichtigt oder eine Methode verwendet,
bei der Glucose nicht in das Messergebnis eingeht (z.B. Teststreifen).
Der Durstversuch
Eine niedrige Dichte des Harns und große Harnmengen müssen keine organische Krankheit
zur Ursache haben. Auch große Trinkmengen können dies verursachen. Im Zweifelsfall und
zu genauerer Abklärung der Ursache kann man einen sog. Durstversuch durchführen.
Von diesem gibt es verschiedene Varianten. Allen gemeinsam ist, dass man den Patienten
eine Zeit lang (z.B. 4 Stunden) Dursten lässt und überprüft, ob die Dichte* des Harns
währenddessen ansteigt.
- Steigt die Dichte* des Harns beim Dursten nicht an, liegt meist ein
Nierenschaden und/oder eine zu geringe Wirkung des Hormons ADH vor (Diabetes insipidus;
siehe voriger Abschnitt).
- In einem 2. Schritt gibt man ein ADH-ähnliches Medikament und
überprüft, ob dadurch ein Anstieg der Dichte* erfolgt. Wenn ja, dann scheint dieses
Hormon gefehlt zu haben und ein zentraler Diabetes insipidus ist wahrscheinlich. Wenn
nein, dürfte das Problem in der Niere liegen.
*Meist wird bei diesem Versuch heute nicht mehr das spezifische Gewicht, sondern
die sog. Osmolalität des Harns gemessen. Auch die Osmolalität ist ein Maß für die
Konzentration der Stoffe im Harn.
Was sagt eine hohe Dichte?
Aus einer hohen Dichte (über 1.020 g/l) kann man schließen, dass die Niere
den Harn konzentrieren kann. Damit sind schwere Nierenschäden oder ein Fehlen der
ADH-Wirkung sehr unwahrscheinlich. Leichtere Nierenschäden sind dadurch aber keineswegs
ausgeschlossen.
Ursachen einer hohen Dichte des Harns
- Geringe Trinkmengen
- Flüssigkeitsverluste außerhalb der Niere
Schwitzen/Fieber, Durchfälle, künstliche Beatmung mit zu trockener Luft.
Wie misst man die Dichte?
Früher verwendete man dazu Apparate (längliche Glaskörper), die man in den Harn
eintauchte, "schwimmen" ließ und danach abmaß, wie weit sie abgesunken waren
(bzw. umgekehrt: wie viel noch aus dem Harn ragte). Diese Geräte nennt man Aräometer,
auch Hydrometer oder Urometer. Oder man hat die Lichtbrechung des Harns gemessen. Heute
wird die Dichte einfach mit dem Harn-Teststreifen ermittelt. Das ist zwar nicht
übermäßig genau, reicht aber meist vollkommen aus.
Der Teststreifen hat gegenüber anderen Methoden sogar den Vorteil, dass Zucker
(Glucose) und Eiweiß im Harn das Ergebnis kaum verfälschen.
Harntteststreifen Dichte-Feld |
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Man taucht den Teststreifen kurz in den Harn, das Feld der
Dichte wird sich verfärben. Nach einer Minute vergleicht man die Farbe mit den oben
abgebildeten Farbfeldern. Die Farbe zeigt die Dichte an. Alles unter 1.005 ist ein sehr
dünner Harn (Wasser hat 1.000), 1.030 ist ein stark konzentrierter Harn.
Streng genommen, misst das Testfeld nicht die Dichte sondern die Ionen-Konzentration des
Harns. Das ist aber für die medizinische Anwendung ausreichend, ja in manchen Situationen
(zucker- oder eiweißreicher Harn) sogar sinnvoll. |
Irreführende Erhöhungen der Dichte
Je nach Messmethode können Eiweiß, Zucker, Blut, Eiter, Röntgenkontrastmittel oder
Infusionen ("Plasamexpander") das spezifische Gewicht des Harns erhöhen. Damit
liefert es über die Ausscheidungsleistung der Niere keine sichere Aussage
mehr.
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