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Diagnose der Candida-Endomykose
(= systemische, invasive Candida-Mykose) - Übersicht
Univ.Prof.Dr.med. Wolfgang Hübl
Namen - Kurzinfo - Kultur und Mikroskop - Candida-Antigene - Candida-Antikörper
PCR - Metabolitennachweis

 
IN VIER SÄTZEN:
Candida-Endomykosen sind durch Candida-Pilze verursachte, manchmal lebensbedrohliche Infektionen, bei denen nicht wie bei den sehr häufigen Candida-Pilzentzündungen im Haut- oder Schleimhautbereich (z.B. Scheidenentzündung) nur die Oberfläche betroffen ist, sondern verschiedenste Organe (z.B. Gehirn, Herz, Niere) befallen sein können. Sie kommen fast ausschließlich bei immun-geschwächten Patienten vor. Da Candida-Pilze zu den normalen Mitbewohnern unseres Körpers zählen, ist die Aussage der Laborbefunde oft schwierig zu deuten. Neben den Laborbefunden spielen daher die anderen Befunde und die Gesamtsituation des Patienten eine große Rolle für die Diagnose und die Entscheidung zur Behandlung.
   
NAMEN:
Candida: bestimmte Pilzgattung
Endomykose: Bezeichnung für Pilzerkrankungen (=Mykose), die nicht nur die Oberfläche des Körpers betreffen, sondern z.B. innere Organe. Endo-: innen.
Systemisch: im Gegensatz zu lokal (örtlich begrenzt): ein ganzes Organ, Organsystem oder den ganzen Organismus betreffend.
Invasiv: vom lat. invadere: eindringen.
   
KURZINFO:
Was ist ist Candida?
Candida ist die Bezeichnung für eine bestimmte Pilzgattung.
Mit Pilzen sind in der Medizin einzellige oder mehrzellige, mikroskopisch kleine Lebewesen gemeint, die wie Bakterien und Viren als Infektionserreger in Erscheinung treten können.

 

Welche Krankheiten werden von Candida-Pilzen verursacht?

  • Oberflächliche Candida-Mykosen
    Viel verbreiteter als die Candida-Endomykose sind eigentlich die oberflächlichen Candida-Infektionen der Haut und der Schleimhaut: begünstigt durch ein feuchtes Milieu, Immunschwächung, Zuckerkrankheit oder Schwangerschaft kann es an der Haut (in Hautfalten, unter der weiblichen Brust) oder der Schleimhaut (Scheide, Mund). Die oberflächlichen Candida-Erkrankungen sind aber einerseits recht gut zu erkennen (typisches Aussehen, Pilznachweis im Mikroskop, Pilzkultur) und andererseits, für sich genommen, nicht so gefährlich (wenn auch oft unangenehm - Schmerzen, Juckreiz).
  • Candida-Endomykose
    Gefährlicher wird es, wenn sich Candida-Pilze im Körper ausbreiten und/oder innere Organe befallen. Das kann prinzipiell viele Organe betreffen. Häufiger ist eine Lungenentzündung, eine Entzündungen der inneren Herzwand und der Herzklappen, Nierenentzündung oder eine Gehirnhautentzündung. Auch Candida-Blutvergiftungen (Candida-Sepsis) kommen vor. Diese auch systemische oder invasive Candida-Mykose genannten Erscheinungsbilder treten fast ausschließlich beim stark immun-geschwächten Patienten. Sie können lebensbedrohlich sein. Ihre rechtzeitige Diagnose und Behandlung ist daher wichtig.

 

Das Problem bei der Diagnose der Candida-Endomykose?
Infektionen kann man oft durch den Nachweis des Erregers oder das   Auftreten von Antikörpern gegen den Erreger beweisen. Findet man z.B HI-Viren oder Antikörper gegen HI-Viren bei einem Patienten, dann ist die Diagnose HIV-Infektion meist sicher.
Bei Candida-Endomykose ist das leider nicht so einfach, denn

  • Candida-Pilze sind normale Mitbewohner unseres Körpers. So findet man auch beim Gesunden im Bereich des Magen-Darm-Traktes, der äußeren Geschlechtsorgane, im Mund und im Nasen-Rachen-Raum Candida-Pilze. Dort wird man mit empfindlichen Methoden immer Erreger finden können.
  • Auch der einfache Antikörpernachweis beweist keine Candida-Endomykose: wir können wegen der normalen Besiedelung mancher Körperregionen durch Candida oder auch wegen harmloser, oberflächlicher Candida-Infektionen Antikörper gegen Candida im Blut haben.

 

KULTUR UND MIKROSKOP:
Nachweis einer Candida-Infektion mittels Pilz-Kultur oder mikroskopischer Untersuchung
Als sicherer Nachweis gilt, Candida-Pilze an Stellen, wo sie normalerweise nicht sein dürften, eindeutig nachzuweisen. Die klassischen Methoden hierfür sind die Candida-Kultur oder der Nachweis im Mikroskop:
(J.M. Jones, Clinical Microbiology Reviews, 1990)
  • Nachweis von Candida-Pilzen im Blut
    Der wiederholte Nachweis von Candida-Pilzen in der Blutkultur beweist eine Candida-Endomykose.
    Man nimmt Blut ab, gibt es auf einen geeigneten Nährboden und überprüft, ob sich auf diesem Nährboden Candida-Pilze vermehren. 
     
    Candida albicans positive Kultur
     
    Candida-Kultur
    Bei der Candida-Kultur wird Untersuchungsmaterial (z.B. Blut, Gewebsprobe) auf einen geeigneten Nährboden aufgebracht. Sind Candida im Untersuchungsmaterial vorhanden, kann man nach Bebrütung ihr Wachstum erkennen:
  • Nachweis von Candida im Gewebe
    Man nimmt Gewebsproben und untersucht diese im Mikroskop oder macht wie beim Blut eine Candida-Kultur mit der Gewebsprobe.
     
  • Nachweis von Candida in anderen, normalerweise Candida-freien Flüssigkeiten
    Als Flüssigkeiten kommen z.B. Gelenksflüssigkeit, Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit (Liquor), oder Harn (durch Punktion gewonnener) in Frage.
    Der Nachweis kann im Mikroskop oder durch Anlegen einer Candida-Kultur erfolgen. 
     
    Pilze im Harn
     
    Pilznachweis im Mikroskop
    In dieser Harnprobe finden sich die typischen rundlich-ovalen Pilze.
    Anmerkung: im normal gewonnenen Harn sind Pilze ein sehr häufiger Befund und kein verwertbarer Hinweis auf eine systemische Candida-Mykose.

Diese Nachweismethoden sind aber nicht unproblematisch:

  • Die Proben für die Kultur dürfen nicht verunreinigt sein. Deswegen scheiden Schleimhautabstriche, Auswurf, Stuhl oder normaler Harn als Untersuchungsmaterialien meist aus. Aber auch bei manchen der oben genannten, eigentlich untersuchbaren Materialen ist eine Verunreinigung möglich.
  • Die Candida-Blutkultur gelingt nicht immer
  • Eine Candida-Kultur, erst recht eine Gewebsproben-Untersuchung ist recht aufwändig und braucht Zeit. Bei einem immun-geschwächtem Patienten muss man den Verdacht auf Candida-Infektion aber eventuell laufend überprüfen. Man versucht daher, einfachere Methoden einzusetzen, die im Folgenden beschrieben sind.

 

NACHWEIS VON ANTIGENEN IM BLUT:
Der Nachweis von Candida-Antigenen im Blut
Es heißt "Nachweis von Candida-Antigenen" und nicht einfach "Nachweis von Candida-Erregern", weil mit diesen Tests nur bestimmte Teile der Candida-Pilze nachgewiesen werden (z.B ein Teil der Zellwand). Auch wenn nur diese Zellwände im Blut wären und nicht der ganze Pilz, wäre der Test positiv. Praktisch spielt das aber nur eine geringe Rolle. In jedem Fall spricht es für eine Endomykose, wenn man große Mengen von Candida-Antigenen im Blut findet.

Einfache Durchführung
In der einfachsten Ausführung besteht das Testreagenz aus einer Flüssigkeit mit kleinsten Kunststoffkügelchen (Latex-Partikel). Auf den Kügelchen sind Antikörper gegen Candida-Pilze. Gibt man zu der Flüssigkeit Candida-Pilze, würden die Kügelchen verklumpen, weil sie sich an die Pilze binden und die Pilze so zu einer Vernetzung der Kügelchen führen.

Bei der Testdurchführung mischt man die Flüssigkeit mit den Kunststoffkügelchen mit Blutflüssigkeit, und beobachtet, ob eine Verklumpung eintritt. Ist dem so nennt man das Ergebnis positiv, was dafür spricht, dass Candida-Antigene (Candida- oder Candida-Bestandteile) im Blut sind.

Der Titer ist wichtig
Die Aussage, dass Candida-Antigene zu finden sind, ist zu wenig. Wichtig ist abzuschätzen, wie viel Antigen vorhanden ist. Auch das kann man mit diesen Tests: dazu führt man den Test mit verschieden stark verdünntem Blut durch. Hat man nur mit reiner oder kaum verdünnter Blutflüssigkeit (z.B. Titer 1:2) eine positive Reaktion (=Verklumpung), heißt das, dass nicht viel im Blut ist. Findet man aber auch bei höheren Verdünnungsstufen (Titer 1:4, 1:8 oder gar 1:16 oder höher) eine positive Reaktion, muss schon recht viel Candida-Antigen im Blut sein.

Ergebnisangabe
Erstens wird angegeben, ob der Test negativ war oder positiv.

  • Negativ heißt: kein Hinweis auf signifikante (aussagekräftige) Menge an Candida-Antigenen im Blut.
    Bei vielen Tests (z.B. Cand-Tec® der Fa. Ramco Laboratories) wird die Blutflüssigkeit von vornherein erst einmal 1 zu 1 verdünnt (Titer 1:2) und der Test damit durchgeführt. Findet man so keine Verklumpung, gilt der Test als negativ.
  • Positiv heißt: es fand sich eine signifikant Menge an Candida-Antigenen im Blut.

Wenn der Test positiv ist, muss der Titer, wie oben beschrieben, bestimmt werden. Als Ergebnis wird die höchste Verdünnungsstufe (Titerstufe) angegeben, bei der noch eine Verklumpung sichtbar wurde.
Bei dem oben erwähnten Test wäre also 1:2 die kleinstmögliche Titerstufe bei positivem Ergebnis.

Ergebnisbeurteilung
Die Wertigkeit dieser Tests wird in verschiedenen Studien sehr unterschiedlich beurteilt. Grundsätzlich gilt: je höher der Titer desto wahrscheinlicher wird eine Endomykose.

  • Ein Titer von 1:8 ist bei vielen Tests ein recht sichererer, spezifischer Hinweis auf eine Endomykose. Auf der anderen Seite erreichen viele Endomykosen nicht so einen hohen Titer. Man übersieht also viele Endomykosen, wenn man sich an die 1:8 Titergrenze hält.
  • Ein Titer von 1:4 wiederum wird bei systemischer Endomykose meist erreicht. Man wird daher wenige Endomykosen übersehen, wenn man 1:4 als Titer-Grenze wählt. Ein Titer von 1:4 kann aber auch bei oberflächlichen, harmlosen Candida-Erkrankungen auftreten.

Im Laborjargon heißt das: es gibt also keine Grenze bei der man sowohl eine hohe Sensitivität erreicht (d.h., nichts übersieht) als auch eine hohe Spezifität hat (d.h., nichts fälschlicherweise als Endomykose bezeichnet).
Der Antigen-Test kann daher so wie viele andere Labor-Tests nur ein Mosaikstein bei der Diagnosestellung sein.

Anmerkung: Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass der Candida-Antigen-Nachweis zwar von manchen Experten als sinnvoll, von anderen aber wegen der geringen Treffsicherheit als sinnlos eingestuft wird.

 

VERLAUF VON ANTIKÖRPERN IM BLUT:
Die Verlaufsbeobachtung von Candida-Antikörpern im Blut
Der Nachweis von Candida-Antikörpern im Blut ist labormedizinisch gesehen eine Routinebestimmung. Schwieriger ist aber die Interpretation eines vorhandenen Antikörperspiegels. Wie oben erwähnt, sagt das bloße Vorhandensein von Antikörpern wenig über das Vorliegen einer Endomykose aus, weil auch ungefährliche, oberflächliche Candida-Erkrankungen, ja auch die bloße Candida-Besiedlung mit einer Antikörperbildung einhergehen kann.
Eine verbesserte Aussage der Antikörper-Tests ergibt sich durch regelmäßige (mindestens 1 mal wöchentlich) Beobachtung des Antikörper Titers. Ein Anstieg des Titers auf das Vierfache gilt als Zeichen, das durch eine Candida-Endomykose verursacht sein könnte. Leider ist dies auch kein sichererer Hinweis. Gemeinsam mit den übrigen Befunden des Patienten könnte dies aber die Diagnose Candida-Mykose bestätigen helfen.
Ein weiterer Nachteil des Antikörpernachweises: Bei immun-geschwächten Patienten, also genau bei den Patienten, bei denen Candida-Endomykosen oft auftreten, kann man sich auf die Antikörperbildung nicht verlassen.

Anmerkung: Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass der Candida-Antikörper-Nachweis zwar von manchen Experten als sinnvoll, von anderen aber wegen der geringen Treffsicherheit als sinnlos eingestuft wird.

 

PCR UND METABOLITEN:
Nachweis von Candida-Pilzen mittels PCR
Die neue PCR-Technik, bei der die Erbsubstanz, die DNA des Pilzes vermehrt und gemessen wird, verspricht, einen sehr empfindlichen Nachweis von Candida-Pilzen zu ermöglichen. Derzeit gibt es aber noch zu wenige aussagekräftige Studien und noch keine standardisierten, einfachen Labormethoden. Für die Routinediagnostik der Candida-Infektion wird die PCR daher derzeit noch kaum eingesetzt.

 

Nachweis von Stoffwechselprodukten (Metaboliten) der Candida-Pilze
Candida-Pilze stellen im Rahmen Ihres Stoffwechsels bestimmte Zucker her, die man im Blut oder im Harn nachweisen kann. Dazu gehören z.B. D-Arabinitol und D-Mannose. Da diese Methoden aber keine entscheidenden Vorteile aufweisen, haben sie sich in der Routinediagnostik nicht durchgesetzt.

 

   

 

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Letzte Änderung 2003-09-28

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