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Bilirubin im Harn - Übersicht
Univ.Prof.Dr.med. Wolfgang Hübl
Allgemeine Info - Referenzbereiche (Normalwerte) - Ursachen
 
IN DREI SÄTZEN:
Normalerweise ist Bilirubin nur im Blut vorhanden, im Harn findet man nur minimale Konzentrationen.
Schädigungen der Leber (z.B. schwere Leberzirrhose, Hepatitis) oder Blockierungen des Galleabflusses (Gallensteine, Entzündungen, Tumoren) sind die häufigsten Ursachen für das Auftreten von Bilirubin im Harn.
Der Nachweis im Harn erfolgt meist durch Auswertung der Verfärbung eines Mehrfach-Harnteststreifens.
   
NAME:
Vom Lateinischen "bilis", die Galle, und "ruber", rot.
   
ALLGEMEINE
INFO:
Was ist Bilirubin und wobei entsteht es?
Bilirubin ist ein Abbauprodukt des roten Blutfarbstoffes, des Hämoglobins.
Unsere roten Blutkörperchen leben nur etwa 120 Tage. Danach werden sie abgebaut. Aus dem Hämoglobin, wird unter anderem Bilirubin. Bilirubin ist eine gelblich-braune Substanz (in hoher Konzentration wirkt Bilirubin orange-rot, daher der Name).
Bilirubin entsteht auch beim Abbau anderer Verbindungen (Myoglobin, Zytochrome). Mengenmäßig spielt das aber nur eine kleine Rolle.

 

Wo entsteht das Bilirubin?
Bilirubin entsteht in den Fresszellen (Makrophagen), die die alten roten Blutkörperchen beseitigen. Das passiert zu großem Teil in der Milz, aber auch in anderen Fresszellen, die im Körper an verschiedener Stelle vorkommen.

 

Normalerweise ist kaum Bilirubin im Harn
Das Bilirubin, das beim Abbau der roten Blutkörperchen anfällt, wird im Blut an einen Eiweißstoff, und zwar an das Albumin gebunden und so zur Leber transportiert. Die Bindung an das Albumin verhindert, dass das Bilirubin in den Harn übergeht. An Albumin gebunden kann es nämlich nicht durch die Filter der Niere, durch die Glomeruli.
 

Schema der Entstehung von unkonjugiertem und konjugiertem Bilirubin Bilirubin ist normalerweise nicht im Harn
Beim Abbau der roten Blutkörperchen (1) durch die Fresszellen (Makrophagen, 2) entsteht Bilirubin (Biliu). Im Blut (3) wird es sofort an Albumin gebunden. Bilirubin wird von den Leberzellen (4) aufgenommen und in das konjugierte Bilirubin (Bilic) umgewandelt. Dieses wird über die Gallenwege in den Darm abgegeben.
Albumin-gebundenes Bilirubin geht nicht in den Harn. Die schematisch dargestellten Nierenfilter (weißer Pfeil), die sog. Glomeruli, lassen es nicht durch.
Legende Legende

 

Was macht die Leber mit dem Bilirubin?
Die Leberzellen nehmen das Bilirubin (ohne Albumin-Teil) auf und verändern es chemisch ein wenig (es wird an die sog. Glukuronsäure gekoppelt). Diese chemische Veränderung nennt man auch Konjugation. Das dabei entstehende, gut wasserlösliche Bilirubin nennt man konjugiertes Bilirubin.
Dieses wird dann über die Galle in den Darm ausgeschieden. Beim Gesunden gelangt konjugiertes Bilirubin praktisch nicht ins Blut und damit auch nicht in den Harn.

 

 

Warum gelangt dann doch manchmal Bilirubin in den Harn?
Bilirubin gelangt in den Harn, wenn aus irgendeinem Grund zu viel konjugiertes Bilirubin im Blut ist (Ursachen siehe weiter unten). Denn im Gegensatz zum Albumin-gebundenen Bilirubin geht das konjugierte Bilirubin problemlos durch die Nierenfilter in den Harn.

 

Ab welchem Blut-Bilirubinspiegel gelangt Bilirubin in den Harn?
Die Ausscheidung von Bilirubin in den Harn wird durch den Blutspiegel des konjugierten Bilirubins bestimmt. Überschreitet dieser 2 mg/dl, dann gelangt Bilirubin in den Harn.
Im Routinelabor kann konjugiertes Bilirubin zwar meist nicht bestimmt werden, viele Labors bestimmen aber das sog. "direkte Bilirubin". Das direkte Bilirubin entspricht ungefähr dem konjugierten Bilirubin.

Normaler, gelber Harn

Auftreten von Bilirubin verfärbt den Harn gelb-orange-braun

Bilirubin-verursachte Harnverfärbung
Patient mit Erkrankung der Leber. Bilirubin war erhöht (rechtes Bild).

Zum Vergleich links ein normaler Harn.

 

Wie misst man Bilirubin im Harn?
Meist wird Bilirubin einfach mit einem Harnteststreifen bestimmt. Das ist zwar nicht sonderlich genau, reicht aber aus.
Der Harn darf vor der Messung nicht zu lange dem Licht (insbes. dem Sonnenlicht) ausgesetzt sein. Dies führt zum Abbau des Bilirubins und damit zu falsch niedrigen Werten.

Harntteststreifen Bilirubin-Feld

Je höher die Bilirubinkonzentration, desto stärker die Verfärbung des Bilirubin-Feldes.

Man taucht den Teststreifen kurz in den Harn. Nach einer Minute vergleicht man die Farbe des Bilirubin-Testfeldes mit den oben abgebildeten Farbfeldern. Je mehr Bilirubin im Harn, desto intensiver wird die Verfärbung.


Auch an der Harnfarbe kann man Bilirubin im Harn erkennen oder zumindest vermuten.
Einen Hinweis kann auch die "Schüttelschaumprobe" liefern: Entsteht beim Schütteln des braunen Harns gelbbrauner Schaum, spricht das für Bilirubin als Ursache. Entsteht weißer Schaum spricht dies gegen Bilirubin.

 

REFERENZ-
BEREICH:
Teststreifen
Mit dem Teststreifen findet man beim Gesunden
kein Bilirubin im Harn. Das Ergebnis ist also im
Normalfall "negativ".
Die Nachweisgrenze des Teststreifens liegt
bei ca. 0.5 mg/dl (=9 µmol/l).
 
  Quantitative Bestimmung
mg/dl  µmol/
bis 0.2  bis  3.4

 

   
URSACHEN:
URSACHEN VON BILIRUBIN IM HARN

 

1. Schädigung der Leber (häufig), erbliche Störungen der Bilirubinausscheidung (selten)
 
Bei vielen Schädigungen der Leber kann es dazu kommen, dass das konjugierte Bilirubin im Blut ansteigt und im Harn ausgeschieden wird.
Z.B. Leberentzündung (Hepatitis), schwere Leberzirrhose, Vergiftungen, Medikamentennebenwirkung.
Viel seltener sind es erbliche Störungen der Bilirubinausscheidung, die zu einem Anstieg des konjugierten Bilirubins im Blut und in der Folge zu einem Auftreten von Bilirubin im Harn führen. Erwähnt seien das sog. Rotor-Syndrom und das Dubin-Johnson-Syndrom.
 

Schema des hepatischen Ikterus mit Erhöhung des konjugierten, direkten Bilirubins (1) Bei manchen Erkrankungen der Leber hat die Leberzelle (4) Probleme, das konjugierte Bilirubin in die Galle auszuscheiden (roter Stern). Es häuft sich in der Leberzelle an und geht wieder ins Blut über (roter Pfeil).
Das konjugierte Bilirubin kann durch die Nierenfilter in den Harn übertreten und verfärbt ihn.
Legende Legende
Schema des hepatischen Ikterus mit Erhöhung des konjugierten, direkten Bilirubins (2) Bei anderen Erkrankungen der Leber (z.B. Leberentzündung - Hepatitis) führt die Schädigung des Lebergewebes dazu, dass aus den kleinen Gallengefäßen (Gallenkapillaren) konjugiertes Bilirubin ins Blut übergeht. Auch hierbei kann Bilirubin in den Harn übergehen und diesen verfärben.



 

2. Der Abfluss der Galle ist behindert
Wenn der Abfluss der Galle in den Harn behindert ist und ein Rückstau entsteht, gelangt konjugiertes Bilirubin in das Blut.
Beispiele: Entzündliche Schwellungen der Gallengänge, Gallensteine, Tumoren oder Entzündungen der Bauchspeicheldrüse aber auch Raumforderungen in der Leber (Tumoren, Metastasen).
 

Schema des posthepatischen Ikterus mit Erhöhung des konjugierten, direkten Bilirubins  

Erhöhung des konjugierten Bilirubins bei Gallestauung
Durch das Abflusshindernis (roter Stern) kommt es zu einem Rückstau der Galle. Dies führt letztlich zu einem massiven Übertritt von konjugiertem (=direkten) Bilirubin in das Blut. Dieses geht auch in den Harn über und verfärbt ihn.

Ursachen vor allem: Gallensteine, entzündliche Schwellungen, Tumoren (Gallengangstumor, Tumor der Bauchspeicheldrüse)

 

3. Schwere Hämolysen (aber nicht bei leichten Hämolysen)
Unter Hämolysen versteht man den gesteigerten Abbau von roten Blutkörperchen. Das kann die verschiedensten Ursachen haben (erbliche Besonderheiten der roten Blutkörperchen, Medikamentennebenwirkung, bei Lymphdrüsenkrebs, Verbrennungen, Vergiftungen, falsche Bluttransfusion, Hämolyse bei oder nach Infektionen, Autoimmunerkrankungen).
Bei Hämolysen steigt meist nur das Albumin-gebundene Bilirubin. Dieses kann nicht in den Harn übergehen, sodass bei Hämolysen meist kein Bilirubin im Harn ist. Kommt es aber zu sehr schweren Hämolysen, bei denen das Bilirubin im Blut sehr stark ansteigt (über 20 mg/dl), dann steigt auch das konjugierte Bilirubin so stark an, dass es im Harn ausgeschieden wird.

Schema des prähepatischen Ikterus mit Erhöhung des unkonjugierten, indirekten Bilirubins Der vermehrte Abbau roter Blutkörperchen (Hämolyse) führt zur Erhöhung des Albumin-gebundenen, unkonjugierten (=indirekten) Bilirubins im Blut (3).
Im Harn findet man kein Bilirubin, weil das Albumin-gebundene nicht durch die Nierenfilter (die Glomeruli) kann.
Diese Situation ist in der Abbildung dargestellt.

Jedoch kann - bei sehr schweren Hämolysen - fallweise soviel konjugiertes Bilirubin ins Blut kommen, dass es in den Harn übertritt.

Legende Legende

 

 

Gilbert-Meulengracht Syndrom zeigt kein Bilirubin im Harn
Das nicht seltene Gilbert-Meulengracht-Syndrom kommt vor allem bei jungen Männern vor. Bei dieser harmlosen Besonderheit ist das Bilirubin im Blut erhöht. Im Harn sollte aber kein Bilirubin vorhanden sein. Das liegt daran, dass bei diesem Syndrom nur das indirekte, Albumin-gebundene Bilirubin erhöht ist.

   

 

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Letzte Änderung 2005-02-14

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