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Glucose im Harn (Harnzucker, Glucosurie) - Übersicht
Univ.Prof.Dr.med. Wolfgang Hübl
Name - Info - Referenzbereich - Erhöhung
 
IN DREI SÄTZEN:
Normalerweise ist nur sehr wenig Glucose im Harn. Teststreifen liefern dann das Ergebnis "negativ". Die häufigste Ursache für eine vermehrte Ausscheidung von Glucose im Harn ist die Zuckerkrankheit. Aber auch Erkrankungen der Niere können die Ursache von Erhöhungen des Harnzuckers sein.
   
NAME:
Die Glucose (=Traubenzucker) im Harn wird auch Harnzucker genannt. Der Name Glucose kommt vom griechischen Wort für "süß", glykys.
   
INFO:
Was ist Harnzucker?
Im Harn kommen, besonders nach Verzehr von pflanzlicher Nahrung, sehr viele Zuckerarten vor. Unter Harnzucker versteht man aber nur die Glucose, die im Harn auftritt. Glucose ist der zentrale Energieträger des Stoffwechsels.

 

Wie kommt Glucose in den Harn?
Im Blut ist relativ viel Glucose (=Blutzucker). In der Niere wird das Blut gefiltert. Dabei kommt Glucose durch die Filter der Niere erst einmal in den Harn. Während der abfiltrierte Harn dann durch die kleinen Nierenröhrchen fließt, holt die Niere die Glucose aber wieder fast vollständig zurück ins Blut. Im Harn ist daher normaler Weise nur sehr wenig Glucose.
Ist aber im Blut sehr viel Glucose, dann schafft es die Niere nicht mehr, alles zurückzuholen. Dann bleibt Glucose im Harn und wird ausgeschieden.
Bis zu einem Blutzuckerspiegel von 160-180 mg/dl (= 8.9 - 10.0 mmol/l) schafft es die Niere meist, die gesamte Glucose wieder in das Blut zurückzuführen. Steigt der Blutzuckerspiegel noch höher an, schafft sie es nicht mehr. Man nennt diese Grenze auch die Nierenschwelle der Glucose.

Harnzuckernachweis mittels Teststreifen Harnzuckermessung mit Teststreifenmethode
Streifen in den Harn tauchen. Ist Glucose im Harn, verursacht diese eine Verfärbung des Testfeldes (nach 1-2 Min). Das Beispiel unten zeigt eine positive Reaktion (positiv heißt: Harnzucker war nachweisbar). Die Intensität der Grünfarbung lässt die Menge des Harnzuckers abschätzen.

 

Warum misst man Glucose im Harn?

  • Bei jeder Harnuntersuchung routinemäßig
  • Überwachung (Eigenkontrolle) der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus)
  • Erkennung spezieller Nierenschäden
  • Schwangerschaftsüberwachung

 

Bedeutet Glucose im Harn, dass man zuckerkrank ist?
Nicht unbedingt, aber es besteht dann ein dringender Verdacht. Die Glucose des Blutes (der Blutzucker) gelangt ja, wie erwähnt, erst dann in den Harn, wenn sie im Blut ziemlich hoch liegt (etwa ab 160-180 mg/dl bzw. 8.9 - 10.0 mmol/l). So hohe Spiegel sollten bei Gesunden auch nach Mahlzeiten kaum vorkommen.
Daher: bei jedem positiven Harnzuckerbefund muss mit entsprechenden Tests auf Zuckerkrankheit untersucht werden. Dazu gehören vor allem die Blutzuckerbestimmung und der Zuckerbelastungstest. Die Ergebnisse dieser Tests entscheiden, ob eine Zuckerkrankheit vorliegt.

 

Findet man keine Glucose im Harn, kann man dann eine Zuckerkrankheit ausschließen?
Das kann man leider auch nicht sagen. Zwar ist beim Typ 1 Diabetes ("Juveniler Diabetes") praktisch immer Harnzucker nachweisbar, beim Typ 2 Diabetes ("Erwachsenen-Diabetes") aber nicht. Besonders der ältere Diabetiker hat oft eine erhöhte Nierenschwelle für Glucose und scheidet sie nicht schon bei einem Blutzucker von 180 mg/dl, sondern erst bei höheren Werten im Harn aus. Der Harnzucker ist also zur Diagnose der Zuckerkrankheit nicht geeignet. Bei Verdacht auf Diabetes müssen, auch wenn man keine Glucose im Harn findet, Blutuntersuchungen durchgeführt werden (vor allem die Blutzuckerbestimmung und der Zuckerbelastungstest).

 

Glucose im Harn in der Schwangerschaft?
In der Schwangerschaft sagt der Harnzucker noch weniger. Die Nierenschwelle ist in der Schwangerschaft meist erniedrigt. Das heißt, auch bei relativ niedrigen Blutzuckerwerten wird schon Glucose im Harn ausgeschieden. Dennoch: bei jedem positiven Harnzuckerbefund müssen entsprechende Blutuntersuchung den Verdacht auf einen Schwangerschaftsdiabetes abklären.

 

Kommt Glucose nur bei Zuckerkrankheit im Harn vor?
Nein, auch Erkrankungen der Niere können zu einer Erniedrigung der Nierenschwelle führen. Wenn die Zellen, die die Glucose ins Blut zurückholen sollten, geschädigt sind, dann erscheint Glucose schon bei normalen Blutzuckerspiegeln im Harn.
Ursache können Erbkrankheiten, Vergiftungen aber auch andere Nierenschäden sein.
Auch als scheinbar harmlose, erbliche Besonderheit kommt Glucose im Harn vor.
Typische Befunde dieser Glucosurien sind also: Hohe Glucosespiegel im Harn, aber im Gegensatz zur Zuckerkrankheit normale Blutzuckerspiegel und normale Ergebnisse im Zuckerbelastungstest.

Harnzuckermessung zur Selbstkontrolle bei Zuckerkrankheit
In dieser Anwendung hat die Harnzuckermessung seit der Erhältlichkeit einfacher Methoden zur Selbstkontrolle des Blutzuckerspiegels an Bedeutung verloren. Vorteile der Harnzuckermessung sind eine Aussage über die Blutzuckerspiegel der letzten Stunden, während die Blutzuckermessung nur eine Momentaufnahme ist, und die schmerz- und problemlose Durchführung.
Nachteilig ist aber, dass der Harnzucker nur ein grober Anzeiger des Blutzuckerspiegels ist (alles unter der Nierenschwelle bleibt unbemerkt). Auch bleiben zu niedrige Blutzuckerspiegel bei der Hanzuckerbestimmung unbemerkt.

   
REFERENZ-
BEREICH:
Methode Bereich Einheit Bereich Einheit Bereich Einheit
Echte Messung bis 15 mg/dl bis 150 mg/l bis 0.84 mmol/l
Teststreifen negativ*

*Harnteststreifen sind so eingestellt, dass sie erst ab 30 - 50 mg/dl positiv werden, bei normalen Harnzuckerspiegeln also negativ sind. Daher kommt die vereinfachte Aussage "im normalen Harn ist kein Zucker", was aber nicht stimmt.

   
 
Hinweis: aus isolierten, leichten Erhöhungen oder Erniedrigungen von Laborwerten kann man in den allermeisten Fällen keine Schlussfolgerungen auf irgendeine Erkrankung ziehen. Liegen also nur leichte Veränderungen vor, muss keineswegs irgendeine der nachfolgend genannten Erkrankungen oder Veränderungen vorliegen!
ERHÖHUNG:
Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus)
Bei jedem Diabetes mellitus mit Blutzuckerwerten über der Nierenschwelle gelangt Glucose in den Harn. Über die einzelnen Formen der Zuckerkrankheit siehe Abschnitt Blutzucker-Erhöhungen.
 
Schwangerschaft
Wegen der erniedrigten Nierenschwelle in der Schwangerschaft kann Glucose auch ohne dass ein Diabetes vorliegt in den Harn kommen. Muss aber abgeklärt werden, denn es könnte ja sehr wohl ein Diabetes bestehen.

 

Erworbene Nierenschäden
  • Erworbenes Fanconi-Syndrom
    Vermehrte Ausscheidung von Glucose, Phosphat, Kalium, Bikarbonat, Harnsäure, Aminosäuren   und Eiweiß im Harn. Nicht bei jedem Patienten gleich ausgeprägt. Entsteht, wenn Teile des Nierenröhrchensystems geschädigt sind.
    Ursachen:
    • Bestimmte Formen der Nierenentzündung
    • Schwermetallvergiftung
    • Multiples Myelom (Blut-Knochenkrebs)
    • Nephrotisches Syndrom (starker Eiweißverlust über die Niere)

 

Ererbte Nierenschäden
  • Ererbtes Fanconi-Syndrom
    Erblich bedingte, vermehrte Ausscheidung von Glucose, Phosphat, Kalium, Bikarbonat, Harnsäure, Aminosäuren  und Eiweiß im Harn.
    Nur namentlich seien andere Erbkrankheiten genannt, bei denen es auch zu Nierenschäden wie bei Fanconi-Syndrom kommen kann: Morbus Wilson, Galaktosämie, Tyrosinämie, Cystinose, Fruktoseintoleranz, Lowe'sche Erkrankung.

 

Ererbte, wahrscheinlich harmlose Besonderheit
  • (Isolierte) Renale Glucosurie
    Die Nierenschwelle für Glucose ist erniedrigt. Glucose wird schon bei normalen Blutzuckerspiegeln im Harn ausgeschieden. Es betrifft nur die Glucose, andere Stoffe, wie beim Fanconi-Syndrom, sind nicht betroffen.

 

   

 

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Letzte Änderung 2005-02-06

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