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Crithidien-Test - Übersicht
Univ.Prof.Dr.med.Wolfgang Hübl
    
IN DREI SÄTZEN:
Crithidien sind mikroskopisch kleine Geißeltierchen, die man zur Erkennung der Autoimmunkrankheit "Systemischer Lupus Erythematodes"  einsetzen kann. Patienten mit dieser Erkrankung haben nämlich meist einen ganz bestimmten Antikörper im Blut, der sich auf Crithidien setzt. Das wiederum kann man durch spezielle Methoden sichtbar machen und dann im Mikroskop erkennen.
   
NAME:
Der vollständige Name des verwendeten Geißeltierchens ist Crithidia luciliae.
   
KURZINFO:
Was sind Crithidien?
Crithidien sind mikroskopisch kleine Geißeltierchen, also Einzeller (bestehen nur aus einer einzigen Zelle).

 

Wozu verwendet man die Crithidien?
Man verwendet Crithidien, um ganz bestimmte Antikörper im Blut nachzuweisen, die sich gegen die Erbsubstanz (DNS=DNA) des Menschen richten. Genauer gesagt, sind das Antikörper, die sich gegen die doppelsträngige DNA richten (die DNA in unseren Zellen ist normalerweise doppelsträngig). Diese Antikörper werden kurz dsDNA-Antikörper genannt. Crithidien dienen also dem Nachweis von dsDNA-Antikörpern.

 

Wie funktioniert der Nachweis von dsDNA-Antikörpern?
Die Crithidien kann man kaufen und zwar "fertig" präpariert auf kleinen Glasscheiben (Objektträgern). Jetzt gibt man Blutflüssigkeit des Patienten darauf. Hat der Patient dsDNA-Antikörper im Blut, werden sich diese auf die Crithidien setzen. Dies braucht man jetzt nur mehr mit einer speziellen grün-fluoreszierenden Nachweisreaktion sichtbar zu machen und kann dann im Mikroskop beurteilen, ob dsDNA im Blut vorhanden waren. Dann leuchten die Crithidien nämlich an einer bestimmten Stelle auf.

crithidien.jpg (6936 Byte) Positiver Crithidien-Test
Die drei Geißeltierchen zeigen hell aufleuchtende Punkte im Inneren. Zeichen dafür, dass in der Blutflüssigkeit des Patienten dsDNS-Antikörper vorhanden waren.

Durchführung des Tests: Die Blutflüssigkeit des Patienten wird auf ein Crithidien-Präparat aufgebracht. Sind dsDNA-Antikörper in der Blutflüssigkeit, werden sich diese auf die Crithidien setzen. In einem 2. Schritt macht man die Antikörper durch eine grüne Fluoreszenzmarkierung sichtbar und kann dann im Mikroskop das typische Muster sehen.

 

Warum ist der Nachweis von dsDNA-Antikörpern wichtig?
Es gibt eine manchmal recht schwer verlaufende Autoimmunkrankheit, den sog. Systemischen Lupus Erythematodes (SLE). Dieser betrifft vorwiegend jüngere Frauen und wie der Namensteil "systemisch" andeutet, kann der ganze Körper betroffen sein. Die Beschwerden sind daher sehr vielfältig: spiegelgleiche Rötung beider Gesichtshäften (auch Schmetterlingsrötung genannt), Sonnenlichtunverträglichkeit, Gelenksbeschwerden, Nierenschäden u.v.a.
Die Diagnose dieser Erkrankung ist nicht immer leicht. Da hilft es, dass über 70% aller SLE-Kranken dsDNA-Antikörper im Blut haben. SLE-Kranke mit Befall der Nieren haben sogar zu über 95% dsDNA-Antikörper.  Für die Erkennung, Bestätigung oder Ausschluss der Erkrankung ist daher der Nachweis von dsDNA-Antikörpern sehr wichtig.

 

Gibt es auch Fälle von Systemischem Lupus Erythematodes (SLE) ohne dsDNA-Antikörper?
Ja, aber bei aktiver Erkrankung nur in etwa 25% der Fälle.
Ist beim SLE auch die Niere betroffen, findet man sogar nur bei weniger als 5% der Fälle keinen Antikörper. Findet man in so einem Fall keine dsDNA-Antikörper, so muss man gründlich abklären, ob nicht doch eine andere Erkrankung vorliegt.
Im ruhenden Stadium des SLE findet man häufiger keine dsDNA-Antikörper (in ca. 60% der Fälle).

 

Gibt es auch dsDNA-Antikörper bei anderen Erkrankungen?
Ja, bei verschiedenen anderen Autoimmunerkrankungen und bei Infektionskrankheiten können dsDNA-Antikörper im Blut auftreten. Dabei hat man aber meist so wenig oder so schwach wirksame Antikörper, dass man sie mit dem Crithidien-Test nicht findet sondern nur mit anderen, empfindlicheren Tests. Näheres siehe unter CRITHIDIEN-TEST POSITIV.

 

Gibt es auch dsDNA-Antikörper bei Gesunden?
Ja, aber selten.
Und manche der Gesunden mit dsDNA-Antikörpern entwickeln nach einiger Zeit tatsächlich einen SLE (nach einigen Jahren).

 

Vor- und Nachteile des Crithidien-Tests
(wird von verschiedenen Experten etwas unterschiedlich beurteilt)

Vorteile:

  • Spezifisch, d.h., wenn er positiv ist, liegen mit großer Sicherheit dsDNA-Antikörper vor, die für einen Systemischen Lupus Erythematodes (SLE) sprechen.

Nachteile:

  • Nicht sehr empfindlich
    D.h., wenn der Crithidien-Test negativ ist, könnten dennoch dsDNA-Antikörper im Blut sein. Aber zu wenig oder zu schwache Antikörper, um sie mit dem Crithidien-Test zu finden. So findet man bei SLE mit dem Crithidien-Test nur in etwa 60% der Fälle dsDNA-Antikörper, während man sie mit anderen Tests eindeutig nachweisen kann.
  • Antikörperkonzentration schlecht bestimmbar
    Man kann mit dem Test zwar erkennen, ob, aber nur schwer, wie viel Antikörper im Blut sind. Das ist aber wichtig, um die Aktivität des SLE zu beurteilen. Steigende Konzentrationen von dsDNA-Antikörpern können eine Verschlimmerung der Erkrankung ankündigen. Das lässt sich mit anderen Tests für dsDNA-Antikörper besser abschätzen.

 

Einsatz des Tests
Es ist von Labor zu Labor etwas unterschiedlich, wie der Crithidien-Test tatsächlich eingesetzt wird. In manchen Labors wird er immer bei Verdacht auf SLE angewandt, in anderen nur um Fälle zu lösen, bei denen andere Tests kein eindeutiges Ergebnis brachten.
Zur Beobachtung der Erkrankung oder zur Beurteilung der Aktivität ist der Test jedenfalls ungeeignet.

 

Welche anderen Tests für dsDNA-Antikörper gibt es?
Erkennen kann man dsDNA-Antikörper bereits bei der "normalen" Immunfluoreszenz Untersuchung. Dabei gibt man Blutflüssigkeit des Patienten auf Zellpräparate und überprüft im Mikroskop, ob sich aus der Blutflüssigkeit irgendein Antikörper auf die Zellen gesetzt hat. Hat jemand dsDNA-Antikörper, wird sich dieser auf die Zellkerne und Chromosomen der Zellen setzen. Wenn man Erfahrung hat, kann man aus dem Muster, das man sieht, schon vermuten, welcher Antikörper vorliegt. Beweisen kann man aber nicht, dass es sich um einen dsDNA-Antikörper handelt.
Beweisen kann man das Vorliegen von dsDNA mit speziellen Immuntests, bei denen man dsDNA mit der Blutflüssigkeit des Patienten mischt und dann mit verschiedenen Methoden überprüft, ob sich an diese dsDNA Antikörper aus der Blutflüssigkeit gebunden haben. Zu diesen Tests gehört der Farr-Test und ein ELISA-Test. Da man für den Farr-Test radioaktives Material einsetzen muss, ist der ELISA-Test weiter verbreitet.

   
REFERENZ-
BEREICH:
negativ; d.h. keine Reaktion mit Crithidien
   
 
Hinweis: aus isolierten, leichten Erhöhungen oder Erniedrigungen von Laborwerten kann man in den allermeisten Fällen keine Schlussfolgerungen auf irgendeine Erkrankung ziehen. Liegen also nur leichte Veränderungen vor, muss keineswegs irgendeine der nachfolgend genannten Erkrankungen oder Veränderungen vorliegen!
CRITHIDIEN-
TEST
POSITIV:
  • Systemischer Lupus Erythematodes (SLE)
    SLE ist, wie oben beschrieben, eine gelegentlich schwer verlaufende Autoimmunkrankheit, die vorwiegend jüngere Frauen betrifft. Beschwerden vielfältig: spiegelgleiche Rötung beider Gesichtshäften (auch Schmetterlingsrötung genannt), Sonnenlichtunverträglichkeit, Gelenksbeschwerden, Nierenschäden u.v.a. Wie viele Autoimmunerkrankungen verläuft die Erkrankung schubweise, d.h. es gibt ruhende Zeitabschnitte der Erkrankung und aktive, in denen die Krankheit fortschreitet.
    Prinzipiell findet man dsDNA Antikörper bei über 70% aller aktiven SLE-Fälle, bei über 95% aller aktiven SLE-Fälle mit Nierenschädigung und bei ca. 40% aller Fälle von ruhender SLE-Erkrankung. Mit dem Crithidien-Test wird man aber nicht alle diese Fälle erfassen, da der Test nicht sehr empfindlich ist. Studien zeigen, dass der Test sogar nur bei ca. 60% aller SLE-Fälle positiv ist, bei denen man mit anderen Methoden dsDNA-Antikörper finden kann. 
    Wenn man aber einen positiven Crithidien-Test hat, liegt mit großer Wahrscheinlichkeit ein SLE vor. Darin liegt der Wert des Tests.

 

dsDNA-Antikörper im Blut
Zur Information sind im folgenden noch die Situationen aufgelistet, in denen dsDNA-Antikörper im Blut auftreten können, die man aber meist mit dem Crithidien-Test nicht erfassen kann sondern nur mit anderen Methoden.
  • Rheumatoide Arthritis
    "Rheuma"
  • Sjögren Syndrom
    Augen- und Mundtrockenheit sowie Verdauungsbeschwerden wegen verminderter Drüsenausscheidungen.
  • Sklerodermie
    Bindegewebsentzündung mit Verhärtungen, Fingerunbeweglichkeit; zu jung aussehendes "Maskengesicht".
  • Myasthenia gravis
    Unser eigenes Immunsystem produziert Antikörper, die die Reizübertragung auf den Muskel stören. Muskelschwäche und rasche Ermüdung sind die Folgen. Lebensgefährlich wenn es die Schluck- oder Atemmuskeln betrifft.
  • Autoimmun-Hepatitis
    Seltene, häufiger bei Frauen auftretende Leberentzündung, die durch unser eigenes, fehlgesteuertes Immunsystem entsteht, das die Leber angreift.
  • Autoimmun-Entzündung der Schilddrüse
  • Autoimmun-Erkrankung der Nebenniere
  • Medikamente
  • Infektionserkrankungen (manche; dsDNA-Antikörper meist nur vorübergehend nachweisbar)
  • Bei Gesunden
    Man findet dsDNA nur bei etwa jedem Tausendsten. Manche Gesunde mit positivem Befund entwickeln im Laufe der Zeit einen SLE (nach einigen Jahren).
   

 

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Letzte Änderung 2003-07-26

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