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Chlorid - Übersicht
Univ.Prof.Dr.med. Wolfgang Hübl
NAME:
Der Wortstamm "Chlor" leitet sich vom griechischen Wort für "grün" ab. Chlorgas (besteht aus 2 Chlor-Atomen; Cl2) ist grünlich.
   
INFO:
Was ist Chlorid?
Chemisch gesehen sind Chloride Salze der Salzsäure (HCl). Am bekanntesten ist das Natriumchlorid (NaCl), das normale Koch- bzw. Speisesalz ("Salz"). Gibt man Salz ins Wasser, löst es sich auf und im Wasser befinden sich dann geladene Teilchen: positiv geladene Natrium-Teilchen und negativ geladene Chlorid-Teilchen. Diese geladenen Teilchen nennt man Ionen, Chlorid-Ionen. Und genau diese Chlorid-Ionen meint man, wenn man vom Chlorid in der Blutflüssigkeit spricht. Im klinischen Sprachgebrauch spricht man trotzdem der Einfachheit halber immer von "Chlorid" und nicht von Chlorid-Ionen, auch wenn dies chemisch nicht ganz korrekt ist.
 

Wofür ist Chlorid im Körper wichtig?
Chlorid ist das wichtigste negativ geladene Teilchen (Anion) der Flüssigkeit außerhalb der Zellen (Extrazellulärraum: Raum zwischen den Zellen, Blutflüssigkeit, Lymphflüssigkeit). Chlorid bildet so das Gegengewicht zum Natrium, dem wichtigsten positiv geladenen Teilchen des Extrazellulärraums. Veränderungen des Chlorids in der  Blutflüssigkeit erfolgen daher oft gemeinsam mit Veränderungen des Natriums
Als Gegengewicht zum Natrium hat Chlorid natürlich Bedeutung für   die Regulation des Wasserhaushaltes des Menschen, das elektrische Potential der Zellen und damit für die Nervenleitung, den Herzrhythmus und die Muskelarbeit.
Auch für den Säure-Basenhaushalt des Körpers ist Chlorid wichtig und hilft mit, dass unser Körper weder zu wenig noch zu viel Säure hat.

 

Das elektrische Gleichgewicht in der Flüssigkeit außerhalb der Zellen (Extrazellulärraum) muss aufrecht erhalten werden
Wie oben erwähnt ist Chlorid das wichtigste negative Gegengewicht zu den positiv geladenen Teilchen. Es ist aber nicht das einzige, es gibt noch eine Reihe anderer negativ geladener Teilchen. In der Summe müssen diese den positiv geladenen Teilchen entsprechen. Die Chlorid-Ionen helfen dabei:

  • Wenn die Summe der negativ geladenen Teilchen aus irgendeinem Grund zu niedrig werden würde, springt oft das Chlorid ein: die Chlorid-Konzentration steigt und das Gleichgewicht ist wieder hergestellt.
  • Das funktioniert auch umgekehrt: Haben wir aus irgendeinem Grund zu viele negativ geladene Teilchen, dann sinkt die Chlorid-Konzentration. Die Summe der negativen Teilchen stimmt wieder.

Die sogenannten Bicarbonat-Ionen (HCO3-), negativ geladene Teilchen, sind dafür ein gutes Beispiel: Haben wir von diesen Bicarbonat-Ionen zu wenig, dann steigt die Konzentration der Chlorid-Ionen, haben wir zu viel, sinkt sie. Siehe auch Abschnitt Anionenlücke.
Natürlich ist es nicht ganz so einfach, wie hier beschrieben. Das obige Modell hilft aber zu verstehen, warum in bestimmten Situationen zu viel oder zu wenig Chlorid im Blut ist.

Ionengleichgewicht im Blut; Einheiten mmol/l Ionen (geladene Teilchen) in der Blutflüssigkeit
Natrium ist das dominierende positiv geladene Ion, Chlorid und Bicarbonat sind die mengenmäßig wichtigsten negativen Ionen (=Anionen). Genaueres im Abschnitt Anionenlücke.

 
Wie kommen wir zu Chlorid?

Chlorid wird über die Nahrung aufgenommen. Eine durchschnittliche Ernährung enthält ausreichend Natriumchlorid (130 bis 260 mmol = 7.6 - 15.2 Gramm). Es gibt daher kaum Probleme, genug Chlorid aufzunehmen.

 

Wo ist das Chlorid im Körper?
Etwa 90% der Chlorids befindet sich außerhalb der Zellen im sog. Extrazellulärraum (Raum zwischen den Zellen, Blutflüssigkeit, Lymphflüssigkeit). Im Magensaft ist besonders viel Chlorid ("Magensäure" ist ja chemisch Salzsäure, HCl).
Nur etwa 10% des Chlorids ist in den Zellen, davon ist wiederum ein Drittel im Knochen eingebaut.

 

Wie scheiden wir Chlorid wieder aus?
Chlorid wird vor allem über die Nieren im Harn ausgeschieden, nur ein kleiner Teil im Stuhl über den Darm und im Schweiß. 

   
REFERENZ-
BEREICH:
  Bereich Einheit Bereich Einheit Bereich Einheit
Blutflüssigkeit 95 - 105 mmol/l 95 - 105 mval/l 3.37 - 3.72 g/l
Tages-
ausscheidung*
110 - 250 mmol/Tag** 110 - 250 mval/Tag 3.9 - 8.9 g/Tag

*stark nahrungsabhängig
** bei einer Harnmenge von 1.5 Litern/Tag liegt die Konzentration also etwa zwischen 70 und 170 mmol/l

Detaillierte, altersabhängige Referenzbereiche
in Blut, Harn und anderen Körperflüssigkeiten
   
 
Hinweis: aus isolierten, leichten Erhöhungen oder Erniedrigungen von Laborwerten kann man in den allermeisten Fällen keine Schlussfolgerungen auf irgendeine Erkrankung ziehen. Liegen also nur leichte Veränderungen vor, muss keineswegs irgendeine der nachfolgend genannten Erkrankungen oder Veränderungen vorliegen!
ERHÖHUNG
(=HYPERCHLORÄMIE):

 

Erhöhungen des Chlorids in der Blutflüssigkeit gehen oft mit Erhöhungen des Natriums einher.
 
Besonders erwähnt seien folgende Ursachen eines erhöhten Chloridspiegels:
  • Bestimmte Probleme der Niere die zur Übersäuerung mit Abfall der Bicarbonatkonzentration führen. Chlorid steigt zum Ausgleich an.
    Renal tubuläre Azidose Typ I, Typ II und Typ IV. Typ I und II sind überwiegend erbliche Erkrankungen, die teilweise im Kindesalter erstmals auffallen. Typ IV kommt bei älteren Patienten mit Zuckerkrankheit und Nierenversagen vor.
    Harnstauung (z.B. durch Steine) hat einen ähnlichen Effekt.
  • Durchfälle mit Verlust von Bicarbonat
  • Abnorm gesteigerte Atmung (Hyperventilation): Es kommt es zum Abfall der Kohlendioxidkonzentration im Blut. Führt zum Fehlen von Säure im Körper. Zum Ausgleich sinkt das Bicarbonat. Um das wieder auszugleichen steigt das Chlorid.
    Kommt vor bei Störungen des Atemzentrums (Entzündungen, Tumoren, Verletzungen des Gehirns oder der Hirnhäute), psychische Ursachen, Fieber, Schilddrüsenüberfunktion.
  • Chlorid-haltige Medikamente
    Ammoniumchlorid, Lysinchlorid, Argininchlorid bei der Alkalosebehandlung; Chlorid-haltige Infusionen.
     
  • Behandlung mit Carboanhydrase-Hemmern
    Epilepsiebehandlung, Glaukom/Grüner Star-Behandlung; früher auch als harntreibendes Mittel eingesetzt; führen zur Ausscheidung von Kaliumbicarbonat im Harn.
     
  • Verbindungen zwischen Harnleiter oder Harnblase und Dickdarm.
    Gelangt Harn in den Dickdarm wird aus dem chloridreichen Harn Chlorid über den Darm aufgenommen.
  • Bromide im Blut (Bromid-haltige Medikamente, Gifte)
    Werden von manchen Chloridbestimmungsmethoden als Chloride mitbestimmt; erhöhen Chlorid-Messwert (sogar stärker als Chloride selbst).
    
VERMINDERUNG
(=HYPOCHLORÄMIE):

 

 

Verminderungen des Chlorids in der Blutflüssigkeit gehen oft mit Verminderungen des Natriums einher.

 

Besonders erwähnt seien folgende Ursachen eines niedrigen Chloridspiegels:
  • Verluste im Magen-Darmtrakt
    • Erbrechen
    • Magensaftableitung
    • Chloriddurchfall (angeborene Störung)
        
  • Einnahme bestimmter harntreibender Mittel (Diuretika)
    (z.B. Lasix® oder Hydromedin®)
      
  • Zu viel Bicarbonat bei sog. metabolischer Alkalose: Wenn das Bicarbonat steigt, sinkt das Chlorid.
    Bei bestimmten Problemen des Stoffwechsels hat man zuwenig Säure aber zu viel Bicarbonat im Blut (metabolische Alkalosen).  Kommt vor bei vermehrter Ausschüttung der Nebennierenhormone: Aldosteron (Hyperaldosteronismus) oder Glukokortikoide (Cushing-Syndrom). Chlorid sinkt bei diesen Erkrankungen aber nur, wenn wirklich eine Alkalose vorhanden ist.
      
  • Zu viel organische Säuren. Übersäuerung des Körpers durch Vermehrung von sog. organischen Säuren. Wenn diese Säuren vermehrt sind, sinkt das Chlorid.
    Die Vermehrung organischer Säuren bei Zuckerkrankheit (Diabetische Ketoazidose) oder Nierenversagen (Urämie) führt zur Vermehrung negativ geladener Ionen im Blut, das Chlorid fällt als Ausgleich ab. Siehe auch Abschnitt Anionenlücke.
      
  • Zu viel Bicarbonat bei Atemstörungen: bei Atemstörungen mit verminderter Abatmung von Kohlendioxid wird das Blut saurer (respiratorische Azidose). Als Ausgleich wird dann das Bicarbonat erhöht. Um dies wiederum auszugleichen sinkt Chlorid.
    (Ursachen: Störungen des Atemzentrums im Gehirn, Brüche mehrere Rippen, Lungenerkrankungen)

 

 
   
 
Chlorid im Harn
INFO:
Chloridausscheidung ist stark nahrungsabhängig
Die Chloridausscheidung ist sehr stark von der in der Nahrung aufgenommenen Menge abhängig. Der Referenzbereich (Normalbereich) ist daher sehr breit. Bei vielen der prinzipiell möglichen Ursachen einer erhöhten oder erniedrigten Chloridausscheidung kann es daher vorkommen, dass der Referenzbereich nicht über- oder unterschritten wird.

Folgerung: Man muss den Wert im Harn mit dem im Blut vergleichen.

Chlorid im Harn ist daher ergänzende Information
Die Bestimmung von Chlorid im Harn hat besonders als ergänzende Information beim Vorliegen eines zu niedrigen Chlorids im Blut Bedeutung.

  
BEFUND-
KOMBINATIONEN
BLUT/HARN:
Befundkombinationen bei niedrigem Chlorid im Blut

Niedriges Chlorid in Blut und Harn:
Verluste außerhalb der Niere (Erbrechen, Magensaftableitung, angeborener Chloriddurchfall). Die Ausscheidung wird vermindert, um Chlorid zu sparen.
Chloridkonzentration im Harn meist unter 10 mmol/l.

Niedriges Chlorid im Blut, im Harn nicht (deutlich) vermindert:
Spricht dafür, dass Chlorid über die Nieren verlorengeht. Denn eigentlich sollte bei einem niedrigen Blutspiegel ja sehr wenig Chlorid ausgeschieden werden.

  • Einnahme bestimmter harntreibender Mittel (Diuretika; z.B. Lasix®, Hydromedin®).
    Chloridkonzentration im Harn meist über 50 mmol/l.
  • Bei Atemstörungen mit verminderter Abatmung von Kohlendioxid wird das Blut saurer (respiratorische Azidose). Als Ausgleich wird dann das Bicarbonat erhöht. Um dies wiederum auszugleichen sinkt Chlorid. (Ursachen: Störungen des Atemzentrums im Gehirn, Brüche mehrerer Rippen, Lungenerkrankungen).
    Chloridkonzentration im Harn meist über 20 mmol/l.
 

 

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Letzte Änderung 2003-05-27

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