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Neutrophile Granulozyten - Übersicht
Univ.Prof.Dr.med. Wolfgang Hübl
  
NAME:
Kurzbezeichnung Neutrophile. Es sind weiße Blutkörperchen, neutrophil genannt, weil sie sich weder mit basischen noch mit Eosinfarbstoffen stark anfärben, also "neutral" sind. Auch der Ausdruck Polymorphkernige oder Polys ist gebräuchlich, weil der Kern der Zellen vielgestaltig ist. Früher glaubte man überhaupt, dass diese Zellen mehr als einen Kern haben.
   
KURZINFO:

4-segmentiger Neutrophiler. Die Verbindungen zwischen den Segmenten sind sehr dünn.

Sie bilden den Großteil der weißen Blutkörperchen im Blut. Ihre Aufgabe ist es, bei gegebenem Anlass die Blutbahn zu verlassen und Fremdkörper oder Erreger (Bakterien, Viren) aufzufressen. Im Eiter sind unzählige Neutrophile Granulozyten enthalten.
  • Segmentkernige (Abbildung, Kern hat 2 oder mehr Segmente) machen den Hauptteil der Neutrophilen Granulozyten aus.
  • Stabkernige (stabförmiger Kern; normal etwa bis 4%) sind junge Neutrophile Granulozyten. Sie sind bei Entzündungen vermehrt.
  • Hypersegmentierte (Kern in mehr als 5 Segmente aufgeteilt) sind vor allem bei Vitamin B12- oder Folsäure-Mangel vermehrt (häufigste Ursache Alkoholismus, seltener Perniziöse Anämie).
  • Unter Linksverschiebung versteht man die Vermehrung von unreifen Vorstufen der Granulozyten (Stabkernige, Metamyelozyten, Myelozyten, Promyelozyten). Eine Linksverschiebung ist meist Ausdruck einer Entzündung.
     
    Neutrophile Granulozyten im Liquor
   
REFERENZBEREICH:
  Bereich Einheit
relativ* 45 - 75 % der Leukozyten
absolut*/µl 1900 bis 8000 Zellen /µl
absolut*/l 1.9 bis 8.0 x 109 Zellen /l

*Die Menge weißer Blutkörperchen kann man einerseits relativ als %-Wert angeben (60% Neutrophile heißt z.B., dass 60% aller weißen Blutkörperchen Neutrophile sind) oder absolut als Anzahl der Zellen, die in einem bestimmten Volumen enthalten sind. Meist ist der Absolutwert der aussagekräftigere.

   
ERHÖHUNG =
NEUTROPHILIE:
Vorbemerkung: die Neutrophilenzahl ist ein sensibler Wert. Aufregungen oder Stress können schon genügen sie zu erhöhen. So haben viele Patienten bei der Aufnahme ins Spital eine Erhöhung, die am nächsten Tag schon wieder vorbei ist. Man sollte also kurzfristige, leichte Erhöhungen nicht überbewerten.
 
Akute Infektionen
Lokal begrenzt (z.B. Blinddarmentzündung, Mandelentzündung, Eiterungen) oder generalisiert (im ganzen Körper). Starke Erhöhungen besonders bei bakteriellen Infekten (Ausnahmen: Typhus und Paratyphus, Rotz, Tuberkulose) aber auch Pilze (Actinomyzes), manche Viren (Rabies/Tollwut, Polio/Kinderlähmung, Zoster/Gürtelrose, Pocken, Varicellen/Windpocken) und Rickettsien (Fleckfieber) können zur Neutrophilie führen.
 
Nichtinfektiös bedingte Entzündungen
Gicht, Bindegewebserkrankungen (Rheuma), Absterben von Gewebe (z.B. auch bei Herzinfarkt) u.a.
Überall wo Gewebe zerstört wird, muss es auch wieder aufgeräumt werden. Auch dies ist eine Aufgabe für die Neutrophilen Fresszellen.
 
Akute Blutungen
 
Akute Hämolyse
(Auflösung von roten Blutkörperchen)
 
Maligne Tumoren
 
Leukämien
Chronisch Myeloische Leukämie, Polyzythämia Rubra Vera, Idiopathische Myelofibrose. Erhöhungen über 100000/µl sind immer verdächtig auf eine leukämische Ursache.
 
Viele akute, belastende Ereignisse
Nach Anstrengungen, Stress, Adrenalininjektionen, bei Krämpfen, anfallsartigen Herzrhythmusstörungen, Verbrennungen, Schmerz, Unfall, Erbrechen, Eklampsie, Vergiftungen.
Auch nach dem Laufen gibt es eine Erhöhung: Neutrophilie des Morgen-Joggers (kommt gleich nach dem Laufen zur Blutabnahme).
 
Schwangerschaft
 
Rauchen
Raucherinnen, die die "Pille" nehmen, zeigen gelegentlich deutlich erhöhte Neutrophilenzahlen.
 
Nierenversagen
 
Zuckerkrankheit
 
Kortikoidhomonwirkung
Kortikoidtherapie, Cushing Syndrom
 
Neutrophilien wurden auch als erbliche Besonderheit oder ohne ekrennbare Ursache beobachtet.
Medikamente
Bei folgenden Medikamenten wurde eine Erhöhung der Neutrophilen beobachtet: Kortison, Glukokortikoide
 
Relative Erhöhungen der Neutrophilen (angegeben in % der weißen Blutkörperchen) entstehen natürlich auch bei der Verminderung der anderen weißen Blutkörperchen.
   
VERMINDERUNG =
NEUTROPENIE:
Bestimmte Infektionen
Typhus, Paratyphus, selten Brucellose od. Tularämie. Influenza, Masern, Hepatitis, Varicellen, HIV, Malaria, Kala-Azar
 
Alle massiven Infektionen
können eine Neutropenie aufweisen: Miliartuberkulose, Sepsis, bes. bei Abwehrschwäche (z.B. bei Neugeborenen).
   
B12/Folsäuremangelanämie (inkl. Perniziöser Anämie)
 
Bluterkrankungen
Akute Leukämien, Lymphome (z.B. Haarzellleukämie), Paroxysmale Nächtliche Hämoglobinurie, Aplastische Anämie (Knochenmarksversagen)
 
Knochenmarksschädigungen
Z.B. Knochenmetastasen, Vergiftungen, Medikamente, Bestrahlungen
 
Milzvergrößerungen
Leberzirrhose mit Milzvergrößerung; anders verursachte Milzvergrößerungen.
Autoimmunerkrankungen
Systemischer Lupus Erythematodes, Felty Syndrom
 
Hämodialyse
 
Extreme Abmagerung  und schlechter Allgemeinzustand
 
Seltene erbliche Neutropenien und Neutropenien ohne erkennbare Ursache
Medikamente
Verminderung der Neutrophilen können von einer Vielzahl von Medikamenten verursacht werden. Im schlimmsten Fall verursachen Medikamente eine sog. Agranulozytose bzw. Aplastische Anämie.

 

Relative Verminderungen der Neutrophilen (angegeben in % der weißen Blutkörperchen) entstehen natürlich auch bei der Vermehrung der anderen weißen Blutkörperchen.
   

 

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Letzte Änderung 2003-09-09

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